Bolivien: 1. Rundbrief von Franziska Fisch

Hallo ihr Lieben,

ab heute nehme ich euch mit auf meine Reise und möchte versuchen euch wenigstens einen kleinen Teil meiner Eindrücke und Erlebnisse hier in Bolivien zu vermitteln. Ich hoffe es gelingt mir, dass Bolivien euch genauso in den Bann schlägt, wie mich.

Ich möchte mit dem Tag der Abreise beginnen. Neun von 30 Freiwilligen sind nach Bolivien gegangen und gemeinsam haben wir uns am Flughafen in Luxemburg getroffen. Während der Autofahrt dachte ich einfach immer nur daran, wie irreal der Gedanke ist, für ein Jahr nach Bolivien zu gehen. Wirklich realisieren kann man das in dem Moment auch  – glaube ich  – nicht. Als wir dann im Flugzeug saßen, fragten wir uns alle, was auf uns zukommen würde.

Nach über 24h Flug, etlichen Filmen,Gefühlsschwankungen und zwei Stopps, ( in Bogota brach erstmals Panik aus, den Flug zu verpassen; dort trafen wir auch auf die anderen Freiwilligen aus Hildesheim) landeten wir in La Paz. Das Herz schlug uns bis zum Hals und auch unser Atem ging schneller und hektischer, aber nicht vor Aufregung, sondern wegen der Höhe. 4000m Höhenunterschied steckt man halt nicht einfach so eben weg. Das Gepäck zu transportieren, fühlte sich eindeutig so an, als würde man einen Marathon absolvieren. Aber das rückte alles in den Hintergrund, als wir Gaby sahen, die uns sehr herzlich empfing.

Aussicht auf La Paz aus einer der Gondeln, die im bergigen LAaPaz ein wichtiges Verkehrsmittel sind

Gaby arbeitet bei der Comisión de Hermandad. Eine Organisation die sich hier in Bolivien unter anderem um uns Freiwillige kümmert. Wir warteten dann in zwei Micros (Minibussen, siehe links im Bild) darauf loszufahren, aber so wie Bolivien halt ist, hat sich alles ein bisschen länger gezogen als erwartet. Während der Fahrt in unsere Unterkunft hatten wir außerdem Panik, dass das Gepäck herunterfallen würde. Aber ohne irgendwelche schlimmeren Vorfälle sind wir dann in Schönstadt angekommen, ein altes Kloster, das jetzt zu Seminarzwecken genutzt wird. Halberfroren, da zur Zeit in La Paz um die 0° C gemessen wurde, sind wir in unsere Schlafsäcke geschlüpft. Am nächsten Tag hat uns Gaby den Plan für die kommende Woche vorgestellt. Unter anderem haben wir Philipp Spinner, den Chef der Hermandad kennen gelernt, La Paz besichtigt, an Seminaren über Sicherheit und Bolivien   und letztendlich auch über unsere Projekte teilgenommen. Bei Lara Eisenbarth und mir war es von vorneherein unsicher, in welches Projekt wir kommen würde. Allerdings wurden uns gesagt, dass Lara in ein Ehrenamtsprojekt kommt und ich in ein Umweltprojekt. Zwar konnten wir uns noch nicht so richtig was darunter vorstellen, aber wirt hatten uns schon Mal darauf eingestellt.

 

In La Paz wurde dann die erste Verwirrung gestiftet, denn unsere Projekte waren genau anders herum, als uns in Deutschland gesagt wurde. Lara und ich wussten nicht wie wir damit umgehen sollten und ließen es dann einfach auf uns zukommen.

Nach einer schönen Woche in La Paz, obwohl ich sagen muss, dass La Paz sehr laut und voll ist und ich mich dort nicht sehr wohl gefühlt habe, ging es dann mit Lara und Daniela in einem Nachtbus ab nach Sucre. Dort erwarteten uns auch schon unsere Gastfamilien und auch hier sollte mich etwas überraschen. Mein Gastbruder war keine 15, sondern 27 und meine Gastmutter kann auch nicht wie erwartet Deutsch und Englisch, was mir so gesagt wurde. Das machte es für mich sehr schwer Kontakt mit meiner Gastfamilie

Lara und ich auf dem Aussichtspunkt Recoleta über Sucre

aufzubauen, da mein Spanisch aus gefühlten 5 Wörtern bestand. Drei Wochen lebte ich in meiner Gastfamilie und währenddessen hatten Lara, Daniela und ich Sprachkurs in der I.C.B.A, einer Sprachschule im Herzen von Sucre. Zu unserer großen Begeisterung konnten unsere Sprachlehrer teilweise Deutsch und Englisch, obwohl hauptsächlich auf Spanisch unterrichtet wurde. Das machte es am Anfang sehr leicht Spanisch zu lernen und auch mit meiner Gastmutter kam ich besser klar. Außerdem haben wir unsere Vorgänger Aaron und Teresa kennen gelernt, die uns zu unserer Verwunderung erklärten, dass es doch wie am Anfang hieß, ich in das Umweltprojekt komme und Lara in das ehrenamtliche. So langsam waren Lara und ich wirklich verwirrt, weil wir erstens keine Ahnung hatten, was uns hier erwarten würde und zweitens welches Projekt wir letztendlich bekommen. Selbst Teresa und Aron wussten das nicht genau, da Lara und ich in einem anderen Konzept arbeiten würden. Schließlich wurden wir darum gebeten in die Fundacion Tréveris y Chuquisaca zu kommen, da uns mehr über unsere Projekte berichtet werden sollte.

Die Fundación hat verschiedene Arbeitsbereiche, wie Pastoral, Produktion und Rehabilitation. In jedem dieser Bereiche gibt es einen Zuständigen der die verschiedenen Projekte leitet. Die Fundación wird zum Teil vom BDKJ finanziert, aus dem Geld das aus der Bolivien Kleidersammlung gewonnen wird. Als ich das erfahren habe, war ich erst mal baff, weil ehrlich gesagt nicht wirklich gewusst habe, wo das Geld eingesetzt wird, obwohl ich oft an der Kleidersammlung mit meinem Jugendorchester teilgenommen habe. So können über zehn Internate finanziert werden, 6 Projekte mit Menschen mit Behinderung und pastorale Arbeit in verschiedenen Internaten.

Während des Gesprächs wurde uns dann erklärt, dass Lara in der Pastoralarbeit eingesetzt werden würde und ich in der Produktion. Mein Zuständiger heißt Iver.

Am 02.09. sind Lara und ich dann schließlich in die Wohnung unter den Büros der Fundación gezogen. Fünf Tage später, die wir größtenteils mit Putzen und Ausmisten verbracht haben, ging es dann für uns los. Unser erster Arbeitstag: Den Vormittag verbrachte ich bei Iver im Büro und hatte eigentlich nicht wirklich was zu tun. Aber nachmittags sind wir dann in ein Landschulinternat der Fundación gefahren, wo wir das erste Mal wirklich mit Armut konfrontiert worden sind. Ab dem Tag sind mir so viele Luxusprobleme, die wir haben, ganz klein vorgekommen. Die folgenden Tage habe ich nicht im Büro gesessen mit meinem riesen Stapel voller Arbeit. Wir waren Materialien besorgen, für Kompost- Toiletten, die in vielen Internaten gebaut werden, wo es nicht immer fließendes Wasser gibt.

Am 16.09. war dann die Entrada in Sucre. Eine Parade die von mittags bis Nachts veranstaltet wird. Hunderte Jungs und Mädels tanzen auf der Straße traditionelle Tänze und tragen beindruckende Kostüme.

Kurz danach ging es dann eine Woche für mich auf Reisen, mit Iver und Tomas, der auch in der Produktion arbeitet. Wir haben verschiedene Internate besucht, wie in Padilla und Thiumayu. Während der Autofahrten traute ich mich gar nicht meine Augen zu schließen, weil ich Angst hatte, dass die ganze Landschaft verpufft wie ein Traum. Ehrlich gesagt ist es immer noch sehr schwer, das alles zu erfassen und zu registrieren. Besonders in Thiumavu hat es mir sehr gut gefallen, dort herrscht ein etwas tropischeres Klima und im Garten wachsen dann einfach mal Papayas und Bananen. Außerdem gibt es nahe beim Internat ein kleines „Schwimmbad“, mitten in der Natur. Hier können viele Menschen nicht schwimmen, Iver auch nicht. Tomas und ich haben dann vergeblich versucht ihm zu erklären, wie man schwimmt. Letztendlich hatten wir drei viel zu lachen, jedoch kann Iver immer noch nicht schwimmen. Freitags sollte es dann wieder nach Sucre gehen und so wie mich mein Pech verfolgt, habe ich genau an dem Tag Magenprobleme vom Feinsten bekommen. Über fünf Stunden Autofahrt lagen vor mir und ehrlich gesagt, weiß ich bis heute nicht, wie ich die Autofahrt ohne Stopp, geschweige denn einer Toilette (sowas wie öffentliche Toiletten oder Raststätten sind hier eher weniger vorhanden) überstanden habe. Die nächsten zwei Tage habe ich dann erfreut über der Kloschlüssel gehangen. Seit dem, kann ich kein Arroz con queso (Reis mit Käse, kann man sich wie Milchreis, nur mit Käse vorstellen) mehr essen.

Die nächsten Tage habe ich dann wieder mit Lara in Sucre verbracht und im Büro gearbeitet. Mit Iver habe ich dann einen Plan gemacht, wo ich ab dem nächsten Monat hinkommen soll. Um besser Spanisch zu lernen sollen Lara und ich beide in einem Internat wohnen, Lara in Ipaty und ich in Padilla in einem Mädcheninternat. Wir beide sind schon sehr gespannt was auf uns zukommt, weil wir beide endlich mit unserem richtigen Projekt beginnen möchten.

Selbst jetzt hat Bolivien mich schon voll und ganz in seinen Bann gerissen. Mit seiner super interessanten Kultur und den Menschen fühlt es sich hier wie ein zweites Zuhause an.

 

Macht‘s Gut ihr Lieben, bis zum nächsten Mal,

Eure Franzi