Bolivien: 3. Rundbrief von Julia Prinz

Liebe Leser*innen,

mit leichter Verspätung kommt nun mein nächster Rundbrief. Wieder ist viel passiert und ich kann und will gar nicht glauben, dass meine Zeit hier schon fast vorbei ist…

Carnaval de Oruro

Wie ihr ja schon von den letzten Rundbriefen wisst, ging es für mich an Fastnacht nach ORURO (nach Rio de Janeiro der größte Karneval Südamerikas). 2001 wurde der Karneval von Oruro von der UNESCO wegen seiner Besonderheit in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen. Zusammen mit meiner Fraternidad fuhren wir am Samstag vor dem Rosenmontag nach Oruro. Die große Parada begann um 7 Uhr morgens, doch wir sollten erst um 23 Uhr eintreten. Wir hatten also genug Zeit, den Umzug noch zu schauen, welcher echt sehr schön war, bis wir dann schließlich um 00:30 Uhr endlich anfingen zu tanzen. Um etwa halb 5 waren wir fertig und fielen totmüde ins Bett. Dieser Samstag ist der Virgen de Socavón (Jungfrau namens Socavón) gewidmet.Viele Teilnehmer haben ein Gelübde abgelegt, dass sie drei Jahre hintereinander zu Ehren der Virgen bei diesem Umzug tanzend durch die Straßen ziehen. Dieser Tag ist streng geordnet und es besteht Alkoholverbot. Hier werfen die Tanzgruppen – mit ganz vielen traditionellen Tänzen, Liedern und Kleidungen – keine Süßigkeiten, sondern tanzen wirklich die ganze Zeit. Die Zuschauer auf den Tribünen klatschen, jubeln und tanzen ausgelassen mit. Zudem ist es hier ein Brauch sich gegenseitig mit Wasserbomben und Schaum aus Sprühdosen „abzuwerfen“. Viele Wasserbomben gab es nicht, da es verboten ist, weil es nicht viel Wasser gibt, doch umso mehr Schaum bekommt man dann ab. Und ich kann euch sagen, als Ausländer bekommt man nicht gerade wenig ab… Die Tanzgruppen bekommen aus Respekt meistens nichts ab. Am Sonntag begann der „Corso de Carnaval“ ebenfalls um sieben, doch wir begannen erst um 2 Uhr nachts – jaja eigentlich um 24 Uhr, aber wir sind nun mal nicht in Deutschland :D. Der Tag ist dem Dios Momo (Gott des Spaßes) gewidmet und alles ist ein bisschen lockerer. Es hat sehr viel Spaß gemacht an beiden Tagen zu tanzen und ich denke, dass ich das niemals vergessen werde.

Meine Projekte

Im Februar begannen meine Projekte wieder. Durch Freunde erfuhr ich, dass meine Arbeitskollegin in der Guarderia gekündigt hatte. Am ersten Tag ging ich mit einem mulmigen Gefühl hin, denn ich hatte Angst alleine arbeiten zu müssen. Zudem gibt es einen neuen Direktor, dem ich mich erstmal vorstellte. Nach der Messe saßen wir dann im Büro und überlegten was wir jetzt machen. Doch auf einmal kam eine junge Frau und es stellte sich heraus, dass sie meine Arbeitskollegin ist – doch eigentlich wusste keiner was von ihr :D. Mit ihr macht es viel mehr Spaß zu arbeiten, denn sie ist viel motivierter als die ehemalige. Im Moment haben wir Kinder von einem Monat bis zu elf Jahren. Manchmal ist es ein bisschen schwer die Babys und Kinder gleichzeitig zu beschäftigen, da man halt nur zwei Arme hat. Ein Kind im traditionellen Aguayo, eins im Kinderwagen (der nicht wirklich fährt) und dann die älteren die etwas spielen wollen. Doch zu zweit bekommen wir es meistens geregelt.

In der Fundacion war es eigentlich so geplant, dass ich mir einen Salon aussuchen dürfe, mit denen ich meine restliche Zeit verbingen möchte. Doch nun bin ich in keinem Salon, sondern habe meine eigene kleine Gruppe, nämlich die Vorschulkindern. Oft haben sie Hausaufgaben und wenn nicht, dann gebe ich ihnen was. Zudem ist es sehr lustig, weil einige von ihnen nicht Julia sagen können und daher „lluvia“ sagen was Regen bedeutet. Eigentlich hatten sie immer draußen eine kleine Ecke, doch seit kurzem sind wir mit im Salon verde. Den älterern Kindern aus dem Salon rojo helfe ich auch sehr oft mit ihren Englischhausaufgaben. Ich weiß nicht, wie die Schüler Englisch beigebracht bekommen, jedoch kann ich sagen, dass ich es nicht gut finde. Sie haben keine Vokabeln und auch diejenigen, die schon zwei oder mehrere Jahre Englisch in der Schule haben können oftmals

für Besuch tanzte ich mit einigen Kindern den tradit. Tanz „Cueca“

nicht sagen was ich,du,er/sie/es… auf Spanisch heißt, was mich sehr traurig macht. Gerne helfe ich ihnen bei den Hausaufgaben, aber meistens muss ich ihnen erstmal die ganze Grammatik erklären, mache ihnen Vokabelblätter, doch wirkliche Fortschritte sehe ich leider nicht. Zudem haben fast alle ein großes Problem mit der Aussprache, denn sie sprechen es so wie sie es lesen und somit haben sie beim schreiben Schwierigkeiten. Ich glaube ein großes Problem ist, dass sie es von der Schule nicht beigebracht bekommen Vokabeln, etc. zu lernen und ich muss zugeben, dass ich ganz oft darüber nachdenke, wie ich ihnen am besten helfen kann, weil sie leider nicht wirklich lernen und das nun mal das Wichtigste beim erlernen einer neuen Sprache ist.

 

 

Bischof Ackermann

Am 03. März hatten wir Freiwillige ein Treffen mit unserem Bischof in La Paz. Neben einer Willkommensfeier für ihn in El Alto hatten wir die Gelegenheit mit ihm zu reden. Schon verrückt, dass ich den Bischof in Bolivien kennenlerne!

Día del Mar

Am 23. März war der Tag des Meeres, an dem man an den Verlust des Meeres denkt, der im Jahr 1879 war. Die Bolivianer verloren ihren Meerzugang während der Salpeterkriege. Hier in Bolivien sind sich alle sicher: das lag daran, dass sie lieber Karneval gefeiert haben als zu kämpfen. Jedes Jahr sind an diesem Tag Paraden wo die Menschen protestieren, weil sie ihren Meerzugang zurück wollen. Manche marschieren richtig und sind als Matrosen oder ähnliches verkleidet. Auch ich nahm mit dem CEA teil. Jede Gruppe hatte eine Musikgruppe, die Stücke spielten wie z.B. „Recuperemos nuestro mar“ („Wir wollen unser Meer zurück“ – hört mal bei YouTube rein) und jede Gruppe hatte ein riesen blaue Flagge mit zehn Sternen. Neun der Sterne stehen für die Departamentos in Bolivien und der zehnte steht für das Litoral, das verlorene Departamento, was sie aber wieder zurück haben wollen. Zudem hingen an vielen Gebäuden diese großen Flaggen herunter und es hangen überall Schilder wie „Das Meer verbindet uns“. Durch diese Proteste erhofft sich Bolivien, eines Tages seinen Meeranteil zurückzubekommen. Leider habe ich kein Bild aber in Google und YouTube findet ihr was wenn ihr „Dia del Mar Bolivia 2018“ eingebt.

Semana Santa

An Karfreitag war ich bei Freunden eingeladen. Hier ist es Tradition bis 12 Uhr mittags nichts zu essen und dann zwölf verschiende Gerichte zu essen – für jeden Apostel ein Gericht. Wir aßen jedoch nur sechs Gerichte, also für sechs Aposteln, wonach ich auch pappesatt war. Zudem bin ich einen Kreuzweg mitgegangen, wo der Kreuzigungsweg nachgespielt wurde. Ich fande es echt krass, dass so mitzuerleben.

Día del Nino

z.B. tanzten wir als alte Omas

Am 12. April war der Tag des Kindes. In den Schulen haben die Kinder Süßigkeiten bekommen und haben gefeiert. Die Guarderia schmückten wir mit Luftballons, feierten ebenfalls ein bisschen mit selbstgemachten Kuchen und Wackelpudding und schenkten den Kindern eine kleine Tüte mit Süßigkeiten. In der Fundacion tanzten wir den Kindern etwas vor und spielten wir mit ihnen.

 

Und sonst so…

Im Moment wird es jeden Tag kälter da nun der Winter beginnt und ich versuche jeden einzelnen Tag mehr zu genießen, da es bald wirklich nach Deutschland geht was ich noch gar nicht glauben kann und will! Ich habe mich hier eingelebt, bin mit meinen Projekten zufrieden, habe Freunde gefunden und nun sollen es nur noch drei Monate sein? Unglaublich wie die Zeit vergeht! Ich wollte euch auch nochmal drauf hinweisen, dass alles was ich erlebe oder von dem ich erzähle mein erlebtes ist und nicht auf ganz Bolivien übertragen werden kann!

 

Hasta luego

Julia