Burkina Faso: 4. Rundbrief von Theresa Britten

Lieber Solidaritätskreis!

Seit meinem letzten Rundbrief sind wieder zwei weitere Monate vergangen. Die Monate Mai und Juni waren für mich geprägt von Verabschiedungen und Veränderungen. Es ist nun mittlerweile sehr ruhig geworden hier im Foyer und meine Aufgaben haben sich um einiges reduziert. Daher freue ich mich, an diesem verregneten Junitag euch mal wieder von meinen Erfahrungen und Erlebnissen berichten zu können.


Abschluss des Trimesters und Ferienanfang

Mittlerweile ist die Aufklärungsarbeit an den Schulen und der Computerunterricht mit den Mädchen im Foyer beendet. Hier in Burkina Faso fangen die großen Schulferien, welche 4 Monate andauern, bereits Ende Mai an. Jedes Trimesterende wird abgeschlossen mit einer Klausurenphase, weshalb es uns nur möglich war bis Mitte Mai zu arbeiten. Das Ende unserer Aufklärungsarbeit war geprägt von Chaos und Ungewissheit. Die Schüler waren deutlich unmotivierter als am Anfang und so passierte es nicht nur einmal, dass wir vor einem leeren Klassenraum standen, wenn wir nachmittags mit unserem Material an der Schule ankamen. Wir haben uns dadurch allerdings nicht unterbringen lassen und das Beste daraus gemacht. Wir arbeiteten mit den Schülern die da waren oder die eigentlich nicht auf dem Programm standen. So kam der Tag, an dem wir zum allerletzten Mal mit einer Klasse arbeiteten und zum einen empfand ich Erleichterung, da die Arbeit doch sehr anstrengend und energiezehrend war, zum anderen war ich enttäuscht, dass es nun so plötzlich und doch schnell vorbei war und wir nicht mehr die Möglichkeit hatten, mit noch mehr Klassen interessante Stunden verbringen zu können. Jedoch bin ich einfach nur dankbar und froh, so eine wertvolle und interessante Aufgabe gehabt zu haben. Ich habe sehr viel gelernt in dieser Zeit. Ich weiß nun, wie es ist vor einer Klasse zu stehen und zu unterrichten. Ich habe unglaublich viele Klassen und Schüler kennengelernt, die uns ein sehr positives und dankbares Feedback gaben. Ich habe mit dieser Arbeit von Anfang an eine sehr große Verantwortung in die Hände gelegt bekommen, an der ich letztendlich gewachsen bin.

 

Auch der Computerunterricht mit den Mädchen ist nun vorbei. Nachdem auch hier eine Abschlussarbeit, welche von dem Computerlehrer zusammengestellt wurde, geschrieben wurde, gestalteten wir eine kleine offizielle Zertifikatvergabe. Dazu kamen auch alle Schwestern zusammen. Vor der Vergabe der Zertifikate hielt die Oberschwester Véronique noch eine kleine Ansprache darüber, wie wichtig es ist, heutzutage mit einem Computer arbeiten zu können. Dann bekamen die Mädchen, die eine gute Leistung abgelegt haben ihr Zertifikat und die Mädchen mit schwächeren Leistungen bekamen eine Teilnahmeurkunde. Im Allgemeinen haben die meisten Mädchen jedoch gute Leistungen abgelegt, worauf der Computerlehrer und ich sehr stolz sind. Die Mädchen, die nicht so gut waren, werden einfach im nächsten Jahr noch einmal am Computerunterricht teilnehmen.

Gemeinsames Essen mit den Schwestern und Mädchen

Ende Mai begannen dann die Schulferien für die meisten der Mädchen. Die Mädchen aus den Abschlussklassen, das heißt der Zehnten und Dreizehnten Klasse bleiben noch bis Ende Juni und Anfang Juli um die Prüfungen der Mittleren Reife und des Abiturs abzulegen. Gemeinsam mit den Schwestern und den Mädchen gestalteten wir eine schöne Feier mit Messe, um den Abschluss des Schuljahres zu feiern und die Schulferien einzuläuten. Anlässlich dieser Feier gestalteten einige der Mädchen sogar eine kleine Vorführung in Form eines Tanzes. Zudem wurden die Mädchen mit den besten Schulleistungen von den Schwestern aufgerufen und bekamen kleine Preise. Für alle Mädchen und Schwestern gab es außerdem viele Süßigkeiten und gutes Essen. Auch ich nutzte die Gelegenheit und widmete ein paar Dankesworte an die Mädchen und verteilte anschließend selbstgemachte Freundschaftsarmbänder, in unterschiedlichen Farben. Jede der Farben stellt symbolisch einen Wert da, den ich den Mädchen mit auf den Weg geben möchte: Mut, Selbstbewusstsein, Optimismus und Kreativität. Nach diesem offiziellen Teil saß ich noch gemütlich mit den Mädchen zusammen, machte Fotos, tanzte und genoss die letzte Zeit mit ihnen bis es sehr spät war und wir müde aber glücklich in unsere Betten fielen. In den Tagen darauf hieß es dann Abschied nehmen von einem Großteil der Mädchen. Ich ließ es mir nicht entgehen, viele Mädchen persönlich zu ihren Familien oder an den Bahnhof zu bringen. Es war doch ein sehr komisches Gefühl sich von den Mädchen zu verabschieden, ohne zu wissen, ob und wann man sich noch einmal wiedersehen wird. Auch die gemeinsame Zeit mit den Mädchen, die ich mittlerweile als so selbstverständlich angesehen habe, war dann doch sehr plötzlich vorbei. So wurde es in ziemlich kurzer Zeit sehr ruhig im Foyer und mittlerweile sind nur noch wenige Mädchen da, die ganz fleißig für ihre Abschlussarbeiten lernen.

Jetzt nachdem ich die ersten Verabschiedungen hinter mir habe, wird mir bewusst, dass meine Zeit hier in Burkina Faso sich dem Ende neigt und nicht mehr viel Zeit bleibt, bis es wieder zurück nach Deutschland geht.

 

Kirmes im Foyer

Alle zwei Jahre veranstalten die Schwestern und Mädchen im Foyer eine Kirmes, die am ersten Maiwochenende stattfindet und dazu dient, ein wenig die Kasse des Foyers aufzubessern und viele Besucher zu empfangen, um gemeinsam zu feiern.

Die Vorbereitungen dafür liefen schon Wochen vorher. Hauptbestandteil unserer Kirmes war ein kleiner Markt, auf dem wir viele selbstgemachte Dinge verkauften, wie Mangokonfitüre und Sirup aus verschiedenen Früchten. Außerdem verkauften wir traditionell burkinische Kleidung, Taschen, Accessoires, Töpferware und europäische Secondhandkleidung, welche in großer Lieferung aus Frankreich bei uns eintraf. Außerdem gab es eine große Tombola, auf der viele kleine Preise gegen das Ziehen eines Loses verteilt wurden. Natürlich kam auch das Essen und Trinken nicht zu kurz und so verwandelte sich die Küche der Communauté in kurzer Zeit in eine Großküche und Brauerei, in der viele leckere Dinge entstanden wie Säfte, frittierte Pommes und Faro ( eine teigartige Masse bestehend aus Bohnen) und das traditionell gebraute Bier „Dolo“, welches hier sehr gerne und öfters auch mal in größeren Mengen in halben Kalebassenschalen getrunken wird.

Jeder der konnte. half mit, damit das Fest ein voller Erfolg werden würde. Ich war tagelang damit beschäftigt, Etiketten für die Sirupe und Konfitüre zu gestalten, auszuschneiden und an die Flaschen und Gläser zu bringen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, sich gemeinsam mit den Schwestern und Mädchen auf das Fest vorzubereiten und gemeinsam so viele Dinge zu schaffen.

 

Im Nachhinein war das Fest sehr schön und wir verkauften viel mehr als wir vermutet hatten und so waren am Ende des Tages keine einzige Sirupflasche und kein einziges Marmeladenglas mehr übrig. Darüber haben wir uns natürlich sehr gefreut. Und auch sonst kamen sehr viele Menschen von nah und fern ins Foyer und trotz der vielen Arbeit verbrachten wir mit unseren Besuchern schöne und harmonische Stunden.

Einige Bildereindrücke zur Kirmes im Foyer
Die Menschen und das Leben in Burkina Faso

Mir ist aufgefallen, dass ich bisher relativ wenig über die Kultur und das Leben der Menschen in Burkina Faso berichtet habe. Allerdings will ich euch das nicht vorenthalten und ein bisschen von meinen Beobachtungen und Erfahrungen berichten.

Was sich einige vielleicht fragen, ist, was ich hier eigentlich so esse. Ganz zum Anfang: Das Essen hier ist sehr anders als in Deutschland und anfangs musste ich mich daran natürlich erst einmal gewöhnen. Aber mittlerweile kann ich sagen, dass das Essen hier wirklich sehr lecker sein kann! Hier wird sehr oft Reis und Tô gegessen. Tô ist ein fester Brei, welcher aus Maismehl und Wasser besteht und daher relativ geschmacklos ist. Dieser Maisbrei wird allerdings immer im Zusammenhang mit einer Soße gegessen, die den Geschmack bringt. Die Burkiner kennen unglaublich viele Rezepte für Soßen. Häufiger Bestandteil der Soßen sind Blätter. Ich esse sehr gerne Tô mit einer Soße, die aus den Blättern des Affenbrotbaums zubereitet wird. Mit den Schwestern esse ich ungefähr dreimal in der Woche Tô. Was auch sehr lecker ist, ist Reis mit Erdnussoße oder „Riz gras“, das ist Reis, der in Gemüsesoße gekocht wird. Ansonsten essen wir auch sehr oft Bohnen oder Nudeln. Mittags und abends wird warm gegessen. Morgens wird nur eine Kleinigkeit gegessen in Form von Baguette mit Erdnussbutter oder Mangokonfitüre. Dazu gibt es schwarzen Tee. Sehr lecker sind auch die Säfte, wie der Bissapsaft, ein Saft welcher aus roten Holunderblütenblättern hergestellt wird.

 

Tô mit Baobabsoße

Mir macht es viel Spaß beim Kochen in der Communauté mitzuhelfen und ich staune bis heute darüber, in welchen großen Mengen über den Feuerstellen bei uns immer gekocht wird.

 

 

 

Was mir sehr gefällt und wahrscheinlich immer positiv in Erinnerung bleibt ist die Offenheit und das Gemeinschaftsgefühl der Burkiner. Auf der Straße ist es selbstverständlich, sich gegenseitig zu grüßen und darüber hinaus ein bisschen Gespräch mit dem anderen zu führen. Man erkundigt sich über das Wohlergehen des anderen, wie der Tag so läuft und wo derjenige hinmöchte. Am Anfang meines Aufenthaltes kam es mir oft so vor, dass zwei Menschen, die sich so unterhalten sicher kennen müssen und befreundet sind. Irgendwann bin ich dahinter gekommen, dass hier die meisten einfach so miteinander umgehen und man sich nicht kennen muss, um Interesse am anderen zu zeigen. Die Menschen hier verbindet ein grundlegendes Gemeinschaftsgefühl, was mir von Zeit zu Zeit logischer erschien. Irgendwo sind wir Menschen doch alle gleich, durchleben dieselben Schicksale und Freuden, teilen denselben Lebensraum, dieselben Traditionen und Religionen, verfolgen dieselben Ziele und führen weitestgehend ein ähnliches alltägliches Leben. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen reich und arm, zwischen alt und jung, zwischen den Religionen und Ethnien… Die Burkiner haben allerdings weitestgehend verstanden, dass das keine Grenzen zwischen den Menschen schaffen muss. Viel mehr kann es als Bereicherung und Vielfalt angesehen werden. So amüsieren sich die Burkiner lediglich über die Unterschiede: Ein Burkiner der zur Ethnie der Bobo angehört bezeichnet einen Burkiner der Ethnie der Peul aus Spaß als seinen Sklaven. Darüber lachen beide und die Freundschaft zwischen den beiden wird durch solche Witze nur gestärkt. Christen und Muslime feiern zusammen Weihnachten und den Abschluss des Ramadanmonats. Hier wirft niemand dem anderen vor, den falschen Gott anzubeten.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Welt eine bessere wäre, wenn alle Menschen mehr so wie das burkinische Volk wären.

Nun sind wir auch schon am Ende meines vierten Rundbriefes angekommen. Vom Umfang her war dieser vielleicht mal etwas kürzer als die anderen. Das liegt wohl daran, dass mein Leben hier momentan geprägt von Alltag mit eingehender Ferienstimmung ist. Ich genieße nun die letzten Monate hier in Banfora mit den Schwestern und beteilige mich so gut es geht am religiösen Gemeinschaftsleben. Wir besuchen gemeinsam Messen,

Gruppenbild mit allen Mädchen des Foyers

erleben das ein oder andere Fest in unserer Gemeinde und empfangen immer wieder Besuch in der Communauté. Außerdem erledige ich immer mal kleinere Aufträge für die Schwestern, sei es irgendein Fahrservice mit dem Auto oder eine Arbeit am Computer. Zudem genieße ich die Anwesenheit der noch einigen Mädchen im Foyer und versuche ihnen so gut es geht die Angst vor den anstehenden Abschlussprüfungen zu nehmen. Ich lasse es mir aber auch nicht nehmen, mal das Foyer zu verlassen um die Stadt zu erkunden, über den Markt zu laufen und Menschen zu begrüßen, die ich dort kennen gelernt habe.

So viel also von mir. Ich hoffe euch in Deutschland geht es allen gut. Bis zu meinem nächsten Rundbrief!

Adjara, Colette und ich bei der Abschlussfeier

 

Eure Theresa 🙂