Rumänien: 2. Rundbrief von Alina Reimer

Hallo Ihr Lieben!

Seit meinem letzen Rundbrief ist schon wieder ganz schön viel Zeit vergangen und die Seiten in meinem kleinen Tagebuch sind mit so vielen Erlebnissen und Eindrücken gefüllt, dass ich teilweise nichts mehr lesen kann 🙂 Für mich ist das stickpunktartige Festhalten aller meiner Erlebnisse auch eine sehr gute Möglichkeit, Gedanken und Gefühle präsenter werden zu lassen, mit denen ich mich hier tagtäglich beschäftige.

In diesem Rundbrief möchte ich deshalb auch besonders darauf eingehen, was der Freiwilligendienst bisher an meinem Denken und auch mir selbst verändert oder hat. Aber erst einmal wieder ein paar Updates darüber, was seit September 2018 passiert ist…

Un million de stele (Eine Millionen Sterne)

Mitte September nahm ich an dieser alljährigen Veranstaltung der Caritas teil, die Petrosani an diesem Abend bei Kerzenschein und Klaviermusik in einen ganz besonderen Flair getaucht hat. Auch viele Jugendliche Freiwillige der „Young Caritas“ halfen die Vorbereitungen für das Fest zu treffen, das der Caritas jährlich Spenden einbringen soll.

Meine Aktivitäten mit den Kids

Jede Woche plane ich mit den Kindern im Zentrum eine Aktivität. Wir verzieren kleine Täschchen, basteln Bilderrahmen oder dekorieren das Zentrum. Besonders beliebt bei den Kindern sind unsere täglichen „Zumbastunden“. Und es vergeht momentan kein Tag im Zentrum an dem nicht gefragt wird: ,,Alina tanzen wir heute?“ 🙂

10 Jahre Maria Stein

Eine Woche später stand auch schon das lang ersehnte Jubiläum von ,,Maria Stein“ an, bei dem wir viele Gäste aus Rumänien, Österreich und Deutschland in Empfang nehmen durften, um zu feiern, was alle gemeinsam in den letzen 10 Jahren auf die Beine gestellt haben. Dafür hingen wir im ganzen Zentrum Fotos aus jedem Jahr auf, die auch an alle meine lieben Vorgänger von SoFia erinnerten. Der Verlauf der Geschichte von Maria Stein von Anfang an bis zum heutigen Tag ist absolut beeindruckend und es verdient größten Respekt für alle Mitwirkenden! Nachdem einige Reden gehalten wurden, wurden die Gäste dazu eingeladen bei verschiedenen Aktivitäten mit den Kids teilzunehmen, sowie einen Einblick in das Zuhause  einiger ausgewählter Familien zu bekommen. (Foto: Rede von Alexandru Kelemen, Koordinator der Caritas Petrosani)

Ein besonderes Highlight für die Kids war, dass wir ein Trampolin geschenkt bekamen, was darauf hinauslief, dass der Schwerpunkt meiner Freiwilligenarbeit sich zeitweise darauf verlagerte den Kindern verschiedene Tipps und Tricks, sowie aber auch ein paar Sicherheitsregeln beim Springen beizubringen, damit sich keiner verletzt 🙂

Besonders schön war es, dass meine Vorgängerinnen Magdalena, Marieliese und auch Christiane für diese Feierlichkeit extra anreisten und wir einige schöne Tage zusammen im Zentrum verbringen konnten. An dieser Stelle, falls Du das liest, nochmal vielen Dank an Dich Marieliese, für die vielen ermutigenden Gespräche, Insidertipps, Aufklärungen und ganz besonders die schöne Zeit die wir bisher gemeinsam in Petrosani verbringen konnten! (Foto: Meine Kollegin Dana, Ramona, Marieliese, Christiane, Magdalena und ich)

Sankt Martin in Rumänien?

Eine besonders schöne Erfahrung machte ich eines Abends in einer Lesegruppe von Kindern in einer anderen Stadt, die mich gebeten hatten, die Sankt Martinsgeschichte auf deutsch vorzulesen und zu erklären, wie wir es in Deutschland feiern, da Sankt Martin in Rumänien nicht gefeiert wird. Als es dunkel genug war, zogen wir mit selbstgebastelten Laternen los, und ich brachte den Kindern „Ich geh mit meiner Laterne“ bei. Auch wenn die Kids leider nur das „Rabimmel Rabammel Rabumm“ mitsingen konnten, war es sehr schön für mich ihnen ein Stück dieses deutschen Feiertages mit auf den Weg gegeben haben zu können!

100 Jahre Rumänien! – Nationalfeiertag in Alba Iulia

Am 1. Dezember fuhr ich zusammen mit meinen Kollegen und einigen Jugendlichen der Young Caritas nach Alba Julia um den Nationalfeiertag zu feiern der hier in Rumänien besonders dieses Jahr zum 100sten Jubiläum, groß gefeiert wurde. In ganz Rumänien sprach man auf allen Radio- und Fernsehkanälen von diesem Event und sogar der Präsident war bei der Parade anwesend, bei der die rumänische Armee mit Panzern und Kampfflugzeugen anwesend waren. Und ich muss sagen, dass ich mich besonders an diesem feierlichen Tag noch ein bisschen mehr wie eine Rumänin gefühlt habe! (Foto: Freiwillige der Caritas und ich)

Hier ein kleiner Eindruck:

Der Weihnachtspäckchenkonvoi

Kurz nach unserer Rückkehr von Alba Iulia sollte der Weihnachtspäckchenkonvoi (Kinder Helfen Kindern) in Petrosani ankommen. Insgesamt kamen circa 18 Ehrenamtliche Helfer aus Deutschland mit mehreren LKWs voller Geschenke von Kindern für Kinder nach Petrosani. Beim Ausladen der Kartons waren unglaublich viele helfende Hände vor Ort, sodass nur wenige Stunden, aber dafür wahrscheinlich mehrere Kilo Kalorien dabei draufgingen 🙂 Die ganze Woche lang fuhren wir in verschiedene Einrichtungen und verteilten die Geschenke an bedürftige Kinder, die fast alle etwas für uns vorbereitet hatten. Von Turnvorführungen und Gedichtsvorträgen bis zu einem Ständchen „Oh Tannenbaum“ war alles dabei. Die Zeit mit dem Konvoi war für mich persönlich eine besonders schöne Erfahrung, da ich selber als Kind Schuhkartons verschickt habe, und nun endlich die strahlenden und überwältigten Gesichter der Kinder live miterleben durfte!

Weiße Weihnacht!

Weihnachten in Rumänien war für mich nicht zuletzt wegen dem ungalublichen Schneefall mal etwas ganz anderes. Seit Mitte Dezember liegt der Schnee zwischendruch 1,5 Meter hoch, und die ganze Stadt war schon ein wenig außer Gefecht gesetzt. Noch nie in meinem Leben habe ich solche schönen Schneelandschaften gesehen. Leider ist es momentan aber auch entsprechend kalt hier. Temperaturen bis zu -20 Grad sind Normalität. Da die Stadt dieses Jahr aufgrund von Geldmangel aber Probleme hatte einige Häuser zu beheizen, war auch ich nach einigen Wochen ohne Heizung gezwungen in eine andere Wohnung umzuziehen. Und Ihr glaubt nicht, wie sehr ich es nun schätze, wenn man eine funktionierende Heizung hat, und die Temperatur beim Eintreten in die Haustür wärmer wird 🙂

Auch in Maria Stein herrschte große Weihnachtsstimmung. Wir sangen regelmäßig Weihnachtslieder, dekorierten das Zentrum, und ich brachte den Kindern bei wie man Geschenke richtig einpackt, da viele nicht die Möglichkeiten haben solche Dinge zu lernen. An Heiligabend war ich bei einem kleinen Mädchen aus unserem Zentrum und ihrer kranken Mutter Zuhause, denen ich dank großzügiger Spenden von Kollegen meiner Mama Geschenke kaufen, und der Familie auch einen Geldumschlag mit einem umgerechneten Monatsgehalt übergeben konnte, wobei nicht zu wenige Tränen vergossen und Umarmungen vergeben wurden. Vielen, vielen Dank an alle beteiligten Spender. Ihr wisst nicht wie viel Freude ihr dieser Familie gemacht habt!

Den rechtlichen Abend verbrachte ich dann in der Familie von Freunden, die mich hier sehr herzlich, und fast wie eine dritte Tochter aufgenommen haben. Besonders weil der Umzug und das viele Alleinesein mir ein wenig zu schaffen machen, bin ich sehr froh, zwischendurch mal zu ihnen nachhause kommen zu können, mit einer Familie zusammen am Tisch Ciorba zu essen, und mir von Bunica, der Großmutter, erzählen zu lassen, was in der Bibel alles geschrieben steht.

Allgemein spielt Religion hier in Rumänien eine sehr große Rolle. Glaube wird offen gezeigt und im Alltag viel internsiver integriert. Die Leute sind streng christlich orthodox, einige baptistisch und andere penticostal. Auch mein eigener Glaube hat sich hier dadurch sehr verstärkt, wofür ich sehr dankbar bin!

Was Rumänien bisher mit mir gemacht hat

Ich bin jetzt schon über ein halbes Jahr in Rumänien, und habe das Gefühl mehr erlebt zu haben als in den letzten 10 Jahren in Deutschland. Die Frage: ,,Wie geht es dir?“ ist momentan für mich sehr schwer zu beantworten, da ich über meine Gedanken und Gefühle wahrscheinlich einen dreibändigen Roman verfassen könnte. Alleine in einem fremden Land zu sein und eine Art Doppelleben zu führen ist eine Herausforderung, die Hürden mit sich bingt und an die Ressourcen geht, aber es ist vor allem eine Herausforderung, die wachsen lässt und beschenkt. Beschenkt mit Freundschaften, Erkenntnissen, Erinnerungen, Niederlagen und Erfolgserlebnissen. Beschenkt mit neuen Sichtweisen auf Rumänien, aber besonders auch auf Deutschland und vorallem auf sich selbst. Denn hier in Rumänien stelle ich viel zu oft fest, wie deutsch ich eigentlich bin, und was wir Deutschen noch von der schönen Metalität der Leute hier lernen können.

Wenn Ihr mehr mehr über meinen Freiwilligendienst wissen wollt, oder darüber, was mich hier alles so beschäftigt, dann meldet euch(alina-reimer@gmx.de)! Ich freue mich übrigens auch immer sehr über Rückmeldungen, Fragen und  Anregungen zu meinen Rundbriefen!

Pa Pa! Si o seara frumoasa! Tschüss! Und einen schönen Abend euch!

Eure Alina