Jordanien: 2. Rundbrief von Moritz Küsters

Jordanien: Freizeit, Reisen, Probleme

Mittlerweile sind bereits fünf Monate ins Land gezogen und die erste Hälfte meines Freiwilligendienstes nähert sich langsam dem Ende. Die jordanische Kultur ist mir mittlerweile einigermaßen vertraut und nicht alles ist mehr so „aufregend“, „neu“ und „fremd“ wie in den ersten Monaten.

Besonders stolz bin ich darauf, dass ich mittlerweile das Bussystem immer mehr durchschaut habe und damit nicht mehr zwangsläufig auf ein Taxi angewiesen bin. Das Bus“system“ bzw. die öffentlichen Verkehrsmittel in Jordanien sind ohnehin ein Erlebnis, auf das ich später noch zu sprechen komme. Vorab sei gesagt, dass ich mich in meinem zweiten Rundbrief etwas intensiver mit den negativen Aspekten auseinandersetzen möchte,  die mir gelegentlich in meinen Projekten begegnen. Mein Freiwillgendienst soll dadurch natürlich nicht in ein schlechtes Licht gerückt werden.  In Jordanien fühle ich mich nach wie vor sehr wohl. Dennoch gehören negative Erfahrungen  genauso zu einem Auslandsjahr dazu wie positive. Ich würde sogar sagen, dass man vor allem aus nicht immer guten Begegnungen das meiste mitnehmen kann.

Fußballspiel: Irak – Iran

Aufgrund der langhanhaltenden Proteste im Irak wurden die Fußballspiele „Irak – Iran“ und „Irak – Bahrain“ in Jordanien ausgetragen. Da mein Mitbewohner gebürtiger Iraker ist, habe ich mich zusammen mit ihm und seiner älteren Schwester in Richtung Stadium aufgemacht. Tickets mussten selbstveständlich nicht im Vorfeld organisiert werden, sondern konnten kurz vor Spielbeginn irgendwo im Stadionbereich beschafft werden. Da wir nicht die Einzigen waren, die sich um ein Ticket bemühten, kann sich jeder selbst ein Bild davon machen, wie chaotisch es zu diesem Zeitpunkt vor sich ging. Gefühlt waren  alle in Jordanien lebenden Iraker im „King Abdullah Stadium“ auf engstem Raum versammelt. Nachdem wir uns mehr als eine Stunde durch Menschenmassen gekämpft hatten, gelang es uns kurz vor Spielbeginn noch drei kostenlose Eintrittskarten zu ergattern. Leider nahm das Fußballspiel auch eine polititsche Dimension an, da sich der Iran seit Jahren in die irakische Politik einmischt. Dementsprechend laut und  wütend waren die „Schimpfgesänge“ der irakischen Fans gegen die wenigen im Stadion anwesenden Iraner. Aus Angst vor einer weiteren Eskalation mussten mehrere hundert jordanische Sicherheitskräfte einen Schutzring um die iranischen Fans bilden. Auf der irakischen Seite war die Freude umso größer, dass man den Iran zumindest im Fußball mit einem 2:1 Sieg in die Knie hatte zwingen können. Überall in der Stadt bildeten sich in Folge Autokolonnen mit irakischen Fahnen, sodass der ohnehin langsame Verkehr fü drei Stunden vollständig lahmgelegt wurde.

Ausflug nach Eilat

Aqaba im Dezember

Am 8. Dezember ging es für mich spontan für zwei Tage nach Eilat in den Süden Israels. Eilat ist eine kleine touristische Stadt am roten Meer und liegt unmittelbar an der ägyptischen sowie jordanischen Grenze. Mein Ausflug nach Israel war ursprünglich nicht geplant, sondern mehr eine spontane Idee. Auf meiner Fahrt nach Aqaba bin ich innerhalb von fünf Stunden fast nahezu senkrecht durch ganz Jordanien gefahren. Bustickets von Amman nach Aqbaba werden von dem jordanischen Busunternehmen „Jett“ angeboten und sind für nur elf Dinar zu haben. Besonders deutlich wurde mir bei meiner Busfahrt, wie vielfältig das Klima sowie auch die Flora und Fauna Jordaniens ist. Denn wer bei Jordanien nur an Wüste, Sand und Steine denkt, sollte von November bis Februar den Norden und Westen Jordaniens besuchen. Schnee ist in Städten wie Salt, Jerasch und Irbid keine Seltenheit. Auch die weltbekannte Felsenstadt Petra und die Kreuzfahrerstadt Kerak waren dieses Jahr von Schneefall betroffen. Andererseits ist es in Aqaba auch im Dezember noch angenehme 20 bis 25 Grad warm. Als ich nach einigen Stunden Busfahrt die Wüste und eine Passkontrolle hinter mir gelassen hatte, befand ich mich endlich in Aqaba. Ich war etwas überrascht, wie schön und sauber die Stadt mit ihren großen Strandpromenaden ist. Bereits sieben Jahre zuvor hatte ich die Gelegenheit, Aqaba mit meinem Großvater besuchen zu können. In meiner alten Erinnerung hatte sich ein mehr oder weniger chaotisches und dreckiges Bild der Stadt eingeprägt. Umso überaschter und verwunderter war ich, in welchem „Glanz“ die Stadt mir diesmal begegnete.

Doch lange sollte mein Aufenthalt in Aqaba nicht währen, denn schließlich musste ich noch die Grenze nach Eilat (Israel) überqueren. Mit einem etwas überteuerten Taxi ging es zur jordanisch-israelischen Grenze. Noch war ich guter Dinge, denn alles verlief nach Plan. Doch spätestens auf der israelischen Seite sollte sich dies bald ändern. Als Deutscher wurde ich von den jordanischen Beamten ungeniert und herzlich empfangen. Hier und da wurden ein paar Späße gemacht und sich darüber ausgetauscht, wie ich Jordanien als Ausländer empfinde. Nach nur 20 Minuten durfte ich die jordanische Grenzstation verlassen. Nach einem langen Weg durch das Niemandsland kam ich auf der israelischen Seite der Grenze an. Froh gestimmt von den jordanischen Grenzbeamten war ich etwas verwirrt, wie ich von den israelischen Beamten empfangen wurde. Zwei junge schwer bewaffnete Männer, geschätzt kaum älter als ich, bildeten  einen Kreis um mich, während eine andere junge Frau mich mit Fragen durchbohrte. Immer wieder habe ich ihr vergeblich versucht zu erklären, dass ich einen Friedensdienst in Jordanien unternehme. Spätestens, als ich auf die Frage, ob ich in Jordanien Arabisch lerne, mit „Ja“ antwortete, war es vorerst mit einer schnellen Grenzkontrolle vorbei. Dazu kamen noch ein paar andere Faktoren, die den Grenzübergang letztlich zu einer kleinen Tortur werden ließen. Nicht nur mein Gepäck und meine Kleidung wurde gründlich studiert, sondern auch meine Accounts auf allen erdenklichen sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook, Instagram, WhatsApp und Co. Nach über drei Stunden intensiver Befragungen und Kontrollen durfte ich die Grenze endlich passieren. Als junger Europäer, der in einem vereinigten Europa ohne Grenzen aufgewachsen ist, war dies eine ungewohnte und neue Erfahrung, die man nicht noch einmal erleben muss.

Eilat befindet sich am Roten Meer

Leider gab es nahe der Grenze abends keine Taxen mehr, sodass ich einen 40 minütigen Fußweg in die Stadt antreten musste. Innerhalb der Stadt dauerte es dann auch nicht mehr lange, bis ich endlich ein Taxi fand. Mein Verhalten und mein Denken waren mittlerweile so jordanisch geprägt, dass ich mich zum Ärger des Taxifahrers ungehemmt wie unangeschnallt ins Taxi schmiss und ihn vorwurfsvoll nach dem Preis fragte. Leicht erzürnt wies er mich darauf hin, dass es ein Taxometer gebe und er meine gewünschte Adresse  nur dort eintragen müsse, um den Preis zu sehen. Angekommen in meiner Untekunft, die ich mir zuvor übe „Airbnb“ gebucht hatte, machte ich es mir gemütlich und versuchte das zu verabeiten, was ich an der Grenze zuvor erlebt hatte. Im späteren Verlauf des Abends brach ich erneut auf, um die Stadt zu erkunden. Eilat ist neben Tel Aviv/ Jaffa die wichtigste Partystadt Israels, doch im Dezember war selbst dort der Strand und das Nachtleben kaum belebt. Den darauffolgenden Tag nutze ich, um mich auch am Tageslicht mit der Stadt bekannt zu machen. Auffällig sind in Eilat die königlichen Hotelanlagen, die sich wie Paläste an den schmalen Küstestreifen reihen. Zwei Tage habe ich damit verbracht, reichlich Sonne zu tanken und mich vom Lärm Ammans zu erholen.

Der Grenzübergang von Israel nach Jordanien verlief hingegen ohne Komplikationen. Freudig wurde ich von den jordanischen Grenzbeamten bereits erwartet und dazu beauftragt, ihnen zwei Stangen Zigaretten zu kaufen. Bevor es wieder mit dem Bus nach Amman ging, nutzte ich selbst die Gelegenheit, noch ein paar Dinge einzukaufen, da Aqaba in einer Sonderverwaltungszone liegt und in vielerlei Hinsicht günstiger ist als Amman. In Amman angekommen wurde ich von der winterlichen Kälte überrascht. Nicht zuletzt , weil  der Temperaturunterschied zwischen Aqaba und Amman mehr als 20 Grad beträgt.

Weihnachten und Silvester

Unser kleiner Weihnachtsbaum

In Jordanien hatte ich die Gelegenheit, das erste Mal in meinem Leben Weihnachten und Silvester außerhalb Deutschlands zu feiern. Leider bin ich in den Adventswochen kaum bis gar nicht in  Weihnachtsstimmung gekommen, auch wenn das Thermometer nach Sonnenuntergang oft auf nur drei bis vier Grad fiel. Das fehlende Gefühl von Weihnachten dürfte aber weniger am Wetter, denn in Jordanien kann es im Winter, wie bereits erwähnt, erstaunlich kalt werden, sondern vielmehr an meiner Umgebung gelegen haben. Zwar findet man vereinzelt durchaus kleine Geschäfte, in denen man Weihnachtsbäume und allerlei passenden Schmuck kaufen kann, dennoch bekommt man auf den Straßen Ammans von Weihnachten nahezu nichts mit. Natülich hängt das auch damit zusammen, dass der überwiegende Teil der Jordanier muslimisch ist und damit islamische Feste um einiges präsenter sind. Gleichzeitig darf man aber nicht die vielen Shopping Malls vergessen, die nur so in kitschiger Weihnachtsdeko erstrahlen. Wie im ersten Rundbrief bereits geschrieben, sind die Shopping Malls ohnehin eine Parallelwelt, die im Kontrast zum Rest Jordaniens stehen. Mittleweile gibt es sogar einen mehrgeschossigen Weihnachtsmarkt in der “Abdali Mall”, der zahlreiche Restaurants, Geschäfte und sogar einen Glühweinstand beherbergt. Als Eintritt muss jede Person jeweils zwei jordanische Dinar zahlen. Zugegebenermaßen ist es ungewohnt, aber zugleich auch amüsant, auf einem Weihnachtsmarkt zum Teil vollverschleierte Frauen zu sehen, die sich mit Weihnachtsmännern fotografieren lassen. Allgemein steht „Weihnachtskitsch“ auch in Jordanien hoch im Kurs, und das nicht nur bei Christen. Trotz Weihnachtsmarkt und Glühwein hatte ich aber bei den Shopping Malls das unterschwellige Gefühl, dass es hierbei mehr um Vermarktung als um das eigentliche Weihnachtsfest ging, denn wie in allen Teilen der Welt, wird Weihnachten auch in Jordanien kommerziell ausgereizt.

Heilig Abend wurde ich von Mukhles Familie eingeladen. Mukhles ist als eine Art seelischer Betreuer in der „Nazarene Evangelicalism School“ tätig. Bereits einmal zuvor bin ich bei Mukhles zu Hause gewesen, als mich seine Familie zum gemeinsamen Barbecue eingeladen hatte. Der einzige Deutsche war ich an Heilig Abend jedoch nicht. Noch vier andere Deutsche, alte Bekannte von Mukhles Eltern, waren Heilig Abend ebenso anwesend. Ehrlich gesagt hatte ich an Heilig Abend das Gefühl in Deutschland zu sein. Nicht nur weil so viele Deutsche zugegen waren und jemand Glühwein mitgebracht hatte, sondern auch, weil wir insgesamt an die 30 Leute waren, die zusammen gegessen, gesungen und Weihnachten gefeiert haben. Atmosphärisch hat mich Heilig Abend in Jordanien sehr an das jährliche Zusammenkommen der Familie in der Weihnachtszeit erinnert. Der erste und der zweite Weihnachtstag haben sich hingegen etwas schlichter als in Deutschland gestaltet. Sowohl am ersten als auch am zweiten Weihnachtstag haben mein Mitbewohner und ich den Abend mit einem kleinen Dinner im Restaurant ausklingen lassen.

Neben dem Weihnachtsfest habe ich natürlich auch Silvester und Neujahr in Jordanien verbringen dürfen. Leider wird in Jordanien Silvester kaum gefeiert, da sich der Jahresbeginn nach dem gregorianischen, also christlichen Kalender, richtet. Zwar gibt es vereinzelt Silvesterpartys in Hotels, doch diese sind meistens abgeschmackt teuer. Glücklicherweise musste ich aber nicht ganz alleine in das neue Jahr starten, da in der Sporthalle der „Nazarene Church in Al-Ashrafyeh“ eine kleine Silvesterfeier veranstaltet worden war. Ein großes Feuerwerk, wie man es aus Berlin, Hamburg oder Köln kennt, oder das eigene Anzünden von Böllern und Raketen, sucht man in Amman vergeblich. Nachdem wir uns ein frohes Neues Jahr gewünscht hatten, habe ich pünktlich um 1 Uhr Mitternacht meine Freunde in Deutschland angerufen, um auch ihnen ein frohes Neues Jahr zu wünschen. Da Deutschland eine Zeitstunde hinter der jordanischen Zeit liegt, hatte das neue Jahr für mich schon eine Stunde früher angefangen.

Das „Bussystem“

Das „Bussystem“, sofern sich hierbei von einem System übehaupt sprechen lässt, habe ich  endlich, zumindest ansatzweise, verstanden. Statt vier bis fünf jordanische Dinar für ein Taxi ausgeben zu müssen, komme ich mit dem Bus für gerade einmal 35 Piaster durch ganz Amman. Zugegebenermaßen hat es einige Zeit und Mühe gekostet, die Buslinien halbwegs  nachvollziehen zu können. Einen Busfahrplan, wie man ihn in Deutschland gerne benutzt, wird man in Jordanien leider nicht finden. Auch Bushhaltestellen sind mehr oder weniger nicht vorhanden. Zwar gibt es vereinzelt Bushaltestellen, doch diese sind meist verwaist und erfüllen keinen praktischen Zweck. Trotzdem würde ich behaupten, dass es beinahe einfacher ist, in Jordanien den passenden Bus zu finden als in Deutschland. Zunächst ist es wichtig, sich an einen gut sichbaren Ort zu positionieren (Shopping Malls, Brücken, Kreuzungen etc.). Sollte sich nun ein Bus aus der Ferne nähern, muss man lediglich mit der rechten oder linken Hand dem Fahrer entgegenwinken und diesen fragen, in welche Gegend der Bus ungefähr fährt. Auch wenn hierbei natürlich Stadtkenntnisse nicht von Nachteil sind, ist das Konzept „learning by doing“ die wahrscheinlich beste Lösung. Neben den großen Busunternehmen wie „Jett“ oder „Amman Bus“ gibt es auch kleine weiße  Busse, die von Privatleuten unterhalten werden. Im Gegensatz zu den Bussen der Unternehmen sind die Privatbusse in der Regel deutlich schneller und nehmen auch die Verkehrsregeln nicht immer für bare Münze. Neuerdings habe ich auch erfahren, dass am nördlichen Busbahnhof Busse nach Jerasch und Irbid für gerade einmal anderthalb Dinar zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn ich behaupten würde, die öffentlichen Verkehrsmittel mittlerweile besser zu durchblicken, werde ich wahrscheinlich auch nach 13 Monaten immer noch nicht alle Busanbindungen entschlüsselt haben.

Besuch der Zitadelle

Endlich habe ich es auch geschafft, dem Zitadellenhügel einen Besuch zu erstatten und mir einen Überblick von den Ruinen zu machen. Besonders gefreut hat mich, an der Kasse nur 1/4 Dinar zahlen zu müssen, da der reguläre Preis für Ausländer vier Dinar beträgt. Grund für die Vergünstigung war meine angebrachte Erklärung, dass ich zurzeit in Amman arbeite und lebe. Besonders hervorstechend und mittlerweile sogar eines der Wahrzeichen Ammans ist der „Herculestempel“. Zwar ist das heutige Amman gerade einmal etwas mehr als einhundert Jahr alt, doch haben erste Siedlungen in der Umgebung der Stadt eine Geschichte, die viele Jahrtausende zurückreicht. Zur Bronzezeit war Amman unter dem Namen „Amon“ bekannt und bildete die Haupstadt der „Amoniter“. In hellenisitischer und römischer Zeit änderte man den Namen zu „Philadephia“ und gestaltete die Stadt nach griechischem Vorbild. Nach der Eroberung durch die Araber im 7. Jahrhundert tauchte erstmals der heutige Name „Amman“ auf. Neben dem Herculestempel lassen sich auf dem Zitadellenhügel eine byzantinische Kirche, eine Moschee, alte Zisternen, Thermen und sogar eine steinzeitliche Höhle finde. Darüber hinaus war es amüsant zu sehen, dass auch heute noch bewohnte Häuse unmittelbar bis an die Ruinen reichen.

gesellschaftliche Probleme

Geld scheint in Jordanien zunehmen ein Problem zu werden, da sich viele Menschen  kaum das Nötigste leisten können. Am Anfang meines Friedensdienstes war ich verwundert, warum viele Leute, die ich getroffen habe, bis zum 35. oder sogar 40. Lebensjahr bei ihren Eltern oder Verwandten leben. Aus Deutschland ist man es schließlich gewohnt, nach der Schule oder nach dem Studium einigermaßen selbstständig zu leben. Mittlerweile kann ich jedoch nachvollziehen, warum es viele Menschen zu ihren Eltern zieht. Zu den Ursachen zählt neben kulturellen  Gründen auch die Tatsache, dass der Mindestlohn in Jordanien bei 225 Dinar liegt und viele Menschen tatsächlich nicht mehr verdienen. Die Unterhaltungskosten liegen  jedoch auf europäischem Niveau, sodass jedes Familienmitglied einen Geldbetrag nach Hause bringt und dieser schließlich für Miete und Verpflegung aufgeteilt wird. Nicht selten habe ich Familien besucht, die sich mit sechs oder acht Personen eine Metwohnung teilen müssen.

Dennoch gibt es in Jordanien ebenso wohlhabende Leute, die ihren Reichtum auch gerne zur Schau stellen. Witzigerweise macht sich die finanzielle Situation einer Familie meiner Erfahrung nach sogar an der Sprache deutlich, da besonders die jordanische Oberschicht  häufig mehr Englisch als Arabisch spricht. Besonders  negativ wirkt sich ein geringes Einkommen auf die Bildung aus, da sich Privatschulen, geschweige denn Universitäten, bei Weitem nicht alle Eltern leisten können. Im Gespräch mit Jordaniern habe ich zuhören bekommen, dass staatliche Schulen  viel schlechter als private sein sollen. Auch sind staatliche Schulen, nicht wie viele Privatschulen, streng nach Geschlechtern getrennt.

Probleme in meinen Einsatzstellen

Mit meinen Projekten bin ich grundsätzlich zufrieden, jedoch gibt es ein paar Aspekte,  die mich stören. Generell habe ich in den Eindruck, dass ich sowohl in der „Nazarene Evangelicalism School“ als auch in der „Bishop-School“ bzw. „Ahliyyah“ häufig die Funktion eines Lückenfüllers übernehme. In der „Nazarene School“ bin ich fest in den Stundenplan der zweiten bis vierten Klasse integriert und ersetze damit Lücken, die man meiner Meinung nach sinnvoller füllen könnte. Hinzu kommt, dass ich es nicht als sehr zweckhaft ansehe, Zweit-, Dritt-, und Viertklässler mit Deutsch zu konfrontieren. Ich versuche bereits den Unterricht spielerisch zu gestalten, doch fehlt es den Schülern oft an Motivation. Aufgrund dessen habe ich schon mehrmals die Direktorin darum gebeten, eine Deutsch-AG gründen zu dürfen, die sich überwiegend an ältere Schüler richten soll. Leider habe ich sie aber bislang nicht von meiner Idee überzeugen können. Vielleicht könnte dies daran liegen, dass das Konzept einer AG in jordanischen Schulen nicht existiert.

In der „Bishop-School“ und „Ahliyyah“ wurde mir es nicht mehr gestattet, den Unterricht zu betreten, da ich kein offizieller Lehrer bin. Daher kümmere ich mich momentan ausschließlich um Papiere, Dokumente und alles, was mir ansonsten zugetragen wird. Das ist etwas schade, da die Unterstützung im Unterricht mir am meisten Spaß gemacht hat. Leider habe ich auch das Gefühl, dass das Geld der Eltern die Schule in vielerlei Hinsicht kontrolliert. Selbst vor dem Direktor zeigen manche Schüler keinen Respekt, da die Schule auf das Geld der Schüler angewiesen ist. Diesbezüglich habe ich in den letzten Monaten  an der „Bishop-School“ Einiges mitbekommen, das ich in meinem Rundbrief aber nicht weiter ausführen möchte.

Schlusswort

Trotz der Kritik am Ende meines Rundbriefes möchte ich noch mal betonen, dass Jordanien mir ingesamt sehr gut gefällt. Kulturell komme ich nicht immer mit der noch sehr konservativen Gesellschaft zurecht, doch immer wieder habe ich auch gemerkt, dass Jordanien sich langsam gesellschaftlich öffnet. Im Februar steht das Zwischenseminar an. Anfang März werden mich zudem zwei Freunde besuchen, mit denen ich geplant habe, nach Jerasch, Irbid, Petra, Aqaba und zum Toten Meer zu fahren. Ich wünsche mir für die kommende Zeit, dass ich weiterhin so viele nette Menschen kennenlerne werden und sich neue Möglichkeiten in der „Nazarene School“ ergeben.

 Schöne Grüße aus Amman,
    Moritz!