Brasilien: 2. Rundbrief von Frederik Schneider

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Familie, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer und liebe Leserinnen und Leser, 

zunächst möchte ich berichten, dass ich SoFiA e. V. und C. F. Mandacaru sehr dankbar bin: SoFiA für das Ermöglichen und die großartige Vorbereitung dieses Friedensdienstes. Mandacaru für die unvergessliche und erfahrungsreiche Zeit in Brasililen.

Ökoschule

Die Ökoschule „Ecoescola Thomas à Kempis“ mit der Mittel- und Oberstufe liegt am Stadtrande von Pedro II („Pedro segundo“ ausgesprochen). Die Schüler, die aus den Dörfern (,,commundiades“) kommen, legen den Schulweg nicht mit dem Schulbus, sondern durch Fahrgemeinschaften der Eltern zurück. Schulbginn ist 07:15 Uhr und Ende ist um 16:50 Uhr, somit haben die Schüler jeden Tag 9 Stunden. Außer freitags, da werden die Schüler nach der 5ten Stunde um 11:40 Uhr entlassen. Die Schüler und Lehrer bekommen über den Schultag: Frühstück (,,Café de manhã“), Mittagessen (,,Almoço“) und Café (,,Lanche“). In der Pause spielen die Schüler meistens Fußball, Tischtennis oder Brett- und Kartenspiele.

Zusätzlich zu dem üblichen Lehrplan kommen landwirtschaftliche Fächer hinzu. Einmal in der Woche nehmen die Schüler 2 Stunden an sogenannten ,,Oficinas“ (AGs) teil, darunter fallen Kurse wie Kunst, Theater, Tanzen, Gitarre, Kräuter und Hausmedizin, Papierherstellung aus Altpapier und Capoeira (eine brasilianische Kampfkunst, bei der zwei Personen kämpfen, jedoch ohne sich zu berühren. Während dieses Kampftanzes wird eine bestimmte Musik mit traditionellen Musikinstrumenten gespielt.)

Der Gemüsegarten in der Ökoschule (das Netz dient dazu 50% des Sonnenlicht zu absorbieren)

Zudem besitzt die Schule Hühner, Schweine, Ziegen und Bienen. Außerdem betreibt die Ökoschule ihren eigenen Kräutergarten, einen großen Gemüsegarten und besitzt viele Obstbäume. Die Erzeugnisse dieser Landwirtschaft fließen in die Mahlzeiten. Die Schüler unterstützen die Mitarbeiter der Schule bei verschiedenen Aufgaben, wie Versorgung der Tiere, Säuberung der Toiletten und der Schule, Helfen in der Küche, Herstellung vom Kompost und die Arbeiten, die im Garten anfallen. Die Nahrung für die Tiere wird zum größten Teil selber hergestellt.

(Agricultura Familiar) Landarbeiterfamilien

Mandacaru unterstützt die Landarbeiterfamilien eigenes Land zu bekommen. Zudem werden die Familien bei dem Aufbau der eigenen Landwirtschaft begleitet, bis sie schließlich von dem Ertrag leben können. Einige Mitarbeiter von Mandacaru sind dafür zuständig, diese Familien im sogenannten Landesinneren (,,interior“) regelmäßig zu besuchen und deren Gärten zu besichtigen. Sie bekommen Tipps und gemeinsam wird geschaut, ob es Dinge gibt, die man noch verbessern kann. Ohne Zisternen könnte man solche Projekte kaum ermöglichen.

Zisternenbau

Die größte Zisterne der Ökoschule

In einem Jahr gibt es sozusagen nur „2 Jahreszeiten“, zum einen die 7-8 monatige sehr heiße Trockenzeit und zum anderen die 4-5 monatige Regenzeit, in der es zu unregelmäßigen Niederschlägen kommt. Um dieses Regenwasser zu speichern, um es während der Trockenzeit nutzen zu können, werden Zisternen gebaut. Mandacaru wird bei dem Bau von Zisternen von ASA („Articulação no Semiárido Brasileiro“) unterstützt. Die ersten Niederschläge werden abgewartet, damit der Dreck von den Dächern heruntergespült wird. Anschließend werden Rohre von den Regenrinnen zu den Zisternen  (Fassungsvermögen bis zu mehreren 1000 Litern) gelegt, um es dann später als Trinkwasser zu nutzen. Durch dieses Projekt ist es auch möglich, Landwirtschaft in der Trockenzeit zu betreiben, weshalb der Bau solcher Zisternen extrem wichtig ist.

CEBI (Bibelkreis)

Die Kirche in Pedro II ,,Ingreja de Nossa Senhora da Cenceição“

Der Bibelkreis findet meistens samstags statt und dazu fährt man von morgens bis zum Nachmittag immer in ein anderes Dorf um dort die Bibelarbeit zu begleiten. Es werden Legebilder vorbereitet, gebetet und viel gesungen. Während dem Singen klatscht man hier in die Hände. Jeder bringt etwas zu essen mit, um anschließend gemeinsam Mittag zu essen.

Ein Legebild im Bibelkreis

Zwischenseminar

Gemeinsam mit zwei andern SoFiA-Mitfreiwilligen aus Piripiri und Parnaíba, sind wir zu dem einwöchigen  Zwischenseminar nach Salvador gereist. Wir waren an die 10 Freiwillige und 2 Teamerinnen, die das Seminar geleitet haben. Wir waren in einem Haus untergebracht, das von Nonnen geleitet wurde und das am Meer lag. Dort konnte man sich sehr gut austauschen und hat das erste halbe Jahr reflektiert. Dass es auch ein zweites halbes Jahr geben wird, das hat zu dem Zeitpunkt keiner in Frage gestellt.

Verfrühte Abreise

Als das Thema Covid-19 immer mehr in den brasilianischen Medien auftauchte und es die ersten Fälle in Rio de Janeiro gab, entschloss sich Mandacaru Mitte März, die Kinder in den Kindergärten ,,Asa Branca“ und die Schüler der Ökoschule vorläufig für zwei Wochen nach Hause zu schicken. In dieser Woche bekam ich einen Plan, nach dem ich in der kommenden Woche den Mitarbeitern bei verschiedenen Aufgaben geholfen hätte, darunter auch Honig machen, worauf ich mich sehr gefreut hatte. Am Anfang der kommenden Woche wurde ich ins Büro gebeten, wo ich erfuhr, dass der Leitung (sowie auch mir) eine E-Mail zugekommen wäre, aus der hervorgehe, dass ich mich aufgrund Corona auf dem Heimweg machen solle und, dass wir uns unverzüglich darum kümmern müssten. Zunächst hielt ich das Ganze für einen guten Witz, schnell wurde klar, dass man diesen Appell nicht umgehen konnte. Durch ein Telefonat mit SoFiA stellte sich heraus, dass es keine Alternative gibt. Alles andere hätte nur mehr Probleme bereitet.

Innerhalb weniger Tagen musste alles erledigt werden: Flug buchen, Tasche packen und sich verabschieden. Um sicher zu gehen, dass ich keine Probleme am Flughafen bekomme, musste ich 2 Tage opfern um mein Visum in Parnaíba abholen zu gehen. In meiner Gastfamilie gab es an dem letzten Abend Pizza und als ich allen (EIN HALBES JAHR ZU FRÜH!) auf Wiedersehen gesagt hatte, ging ich mit einem Freund  zu ein paar anderen Freunden, um mich auch von denen zu verabschieden. Doch leider hat die Zeit es nicht zugelassen, dass ich mich bei allen persönlich verabschieden konnte. An dem nächsten Morgen habe ich mich mit dem Bus nach Piripiri begeben, um mit den 2 Mitfreiwilligen die Rückreise nach Deutschland anzutreten.

Eine Maracujablüte

Dies funktionierte alles reibungslos, bis wir mit dem Flugzeug in Spanien landeten. Dort wurde uns mitgeteilt, dass wir trotz unserer Buchung und Bezahlung versuchen müssten in dieses Flugzeug hineinzukommen. Als wir schließlich in der Schlange standen, kamen wir ins Gespräch mit einem Urlauber, der zu uns meinte, dass er sich gerade ein Ticket gekauft habe (was natürlich viel teurer als unser Ticket war), jedoch nicht glaubte, einen Platz im Flugzeug zu bekommen. Wenige Sekunden später wurde dieser Mann aufgerufen, um das Flugzeug zu betreten. Somit verbrachten wir dann an die 8 Stunden in Madrid am Flughafen, bis wir schließlich nachmittags in ein Flugzeug hereingelassen wurden, welches nach Brüssel flog. Somit war ich Ende März wieder in Deutschland und versuchte das Beste daraus zu machen.

Sonstiges

Ich bedanke mich sehr bei Mandacaru, den Mitarbeitern, den Freunden und Bekannten, die mich bei der Vorbereitung der Rückreise unterstützt haben und mir zur Seite standen. Mir haben die Arbeiten bei Mandacaru immer sehr gefallen. Die Kinderbetreuung im Kindergarten und das Arbeiten in der Ökoschule, mit den Schülern und Mitarbeitern in der Küche und im Garten  haben mir am meisten Spaß gemacht. Ich habe viel über nachhaltige Landwirtschaft gelernt, wie wichtig Wasser ist, habe viel erlebt und unglaublich viel Erfahrung gesammelt.

Wer mehr über die Organisation ,,Centro de Formação Mandacaru de Pedro II“ erfahren will, kann gerne die Internetseite http://www.cf-mandacaru.org/deutsch besuchen.

Ein bekannter Wassserfall in Pedro II ,,Cachoeira do Urubu-Rei“

Es ist sehr schade, dass ich so früh gehen musste, bevor die Zeit zu Ende war. Wenn ich im April in die nächste Gastfamilie gekommen wäre, in der nur Portugiesisch gesprochen wird, dann hätte ich meine Sprachkenntnisse noch mehr verbessern können. Ich hatte Freunde gefunden, mit denen ich oft am Wochenende etwas unternommen habe, doch das ging in Zukunft nicht mehr, da ich schließlich gehen musste.

Es gibt da so ein Sprichwort: ,,Man soll gehen wenn es am schönsten ist.“, ich bin jedoch gegangen als es schön war und es wunderschön werden sollte.

In diesem Sinne alles Gute im Jahre 2021 und bleiben Sie gesund!

Frederik Schneider