Ruanda: 1. Rundbrief von Julius Dehne

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde, liebe Verwandte und Interessierte,

nun liege ich an einem sonnigen Tag in meiner Hängematte unter einem Akazienbaum in meinem Garten und denke darüber nach, was ich seit meiner Anreise bereits alles erlebt habe…

Blick auf Doha, Qatar

Am 3. August begann mein Sozialer Friedensdienst, naja fast, an diesem Tag hieß es nämlich zuerst einmal Abschied nehmen von der Familie und die 24-stündige Anreise mit Tamara, meiner Mitfreiwilligen und einer anderen Freiwilligen, die in Südafrika ihren Freiwilligendienst macht, zu beginnen. Angekommen sind wir erst am 4. August, nach einem gefühlt ewigen Aufenthalt in Qatar.

Ankunft in Ruanda

Am Flughafen von Kigali, der Hauptstadt von Ruanda, wurde wir sehr herzlich von vielen verschiedenen Personen empfangen. Tamara von ihrer Gastfamilie, mit der sie dann auch direkt nach Matimba in ihr neues Zuhause gefahren ist und ich von meinem Vorgänger Felix, einem weiteren Sofia-Freiwilligen Leonhard und meinem Gastbruder. Die erste Woche blieben wir dann auch in Kigali, um Organisatorisches zu klären wie Visum beantragen, Geld abheben und eine ruandische Sim-Karte kaufen, aber auch die Stadt und meine Gastfamilie, die in Kigali lebt, kennenzulernen. Im Vordergrund stand aber vor allem auch noch anzukommen. Am Ende der ersten Woche haben wir uns noch mit unserem Mentor getroffen, der dann mein Gepäck bereits mitgenommen hat. Zwei Tage später sind auch wir dann nach Nyarurema gefahren, mit dem Bus 6,5 Stunden, wodurch ich schonmal einen ersten Eindruck von Ruandas Landschaft bekommen habe.

Blick auf das Stadtzentrum von Kigali

Bis kurz vor Felix Abreise blieben wir dann auch in Nyarurema. In den ersten Tagen war ich zwischendrin etwas überfordert und überwältigt. Angefangen in dem Moment, als ich mein Haus und den dazugehörigen Garten gesehen habe, wunderschön, enorm groß und gefühlt das reine Paradies. Der Garten beinhaltet unter anderem über 10 Mangobäume, einen Avocadobaum, mehrere Bananenstauden und 5 Felder. Hinzukamen die vielen Menschen, den ich vorgestellt wurde: die Priester, die Lehrer, die SchülerInnen und noch ein paar Mehr, die hier leben und arbeiten. Von allen wurde ich sehr herzlich begrüßt und willkommen geheißen.

Rückseite meines Hauses, nur ein Teil der Pflanzen ist zu sehen

Tagesablauf im August

Zusammengefasst: er war sehr gemütlich, was das Einleben erleichtert hat. Morgens sind wir gegen 10 Uhr in die Schule und gegen 2 Uhr wieder nach Hause gegangen. Später am Nachmittag folgte dann häufiger noch ein bisschen Volleyballspielen bis es dunkel wurde, also bis spätestens halb 7, meist aber endete es schon um 6. Da Ruanda nur ca. 1° südlich vom Äquator liegt, geht die Sonne immer gegen 6 Uhr morgens auf und gegen 6 Uhr abends wieder unter, das ganze Jahr über. Abends haben wir manchmal selbst gekocht, sind zum Lehrerhaus essen gegangen, wo ein Teil der Lehrer wohnt, oder sonntags sind wir auch zu den Priestern essen gegangen. Überall freuen sie sich sehr, wenn wir dort sind und mitessen. Der Grund warum wir nur so kurz immer in der Schule waren, ist, dass zwei der drei Stufen im Praktikum waren und die restlichen Schüler Projekte gemacht haben, die sie Ende August vorgestellt haben, wodurch es insgesamt nur wenig zu tun gab.

Ein paar kleine Randinformationen zur Schule selbst, genauer gesagt zu dem Internat. Unterrichtet werden über 700 SchülerInnen von 14 LehrerInnen. Die SchülerInnen teilen sich auf 13 Klassen in 3 Stufen auf. Es sind die letzten 3 Jahre ihrer Schulzeit, die sie hier verbringen. Es gibt drei verschieden Zweige in denen Unterrichtet wird: Accounting, einer Art Finanzwesen, Construction, also Bauwesen, und Software Development, also Programmieren.

Auf der linken Seite befinde sich mehrere Klassenräume aneinandergereiht, das Gleiche weiter oben auf der rechten Seite

Ruandische Hochzeit

Es gab aber auch Tage, die nicht dem oben genannten Tagesablauf gefolgt sind. Einer dieser Tage war der 17. August. Wir waren eingeladen zur Hochzeit eines ehemaligen Reversefreiwilligem, einem Ruander, der ein Jahr in Deutschland einen Freiwilligendienst gemacht hat, eingeladen. Wir dachten wir wären normale Gäste, jedoch wurde uns eine spezielle Rolle zugeteilt: Wir waren Teil der fünfköpfigen Begleitgruppe des Bräutigams. Hierfür erhielten wir traditionelle Bekleidung, bestehend aus dem weißen Hemd, speziellen Schuhen und einem Stock. Der direkte Begleiter des Bräutigams und er selbst hatte sogar einen besonders geschmückten Stock.

Die letzten Meter auf dem Weg zur Hochzeit

Um 9 Uhr morgens sollte die traditionelle Feier beginnen, jedoch fuhren wir erst um kurz nach 12 Uhr in Richtung traditioneller Hochzeit. Der Weg stellte sich schon als sehr interessant heraus, da sie auf einer geteerten Straße begann und zu Fuß endete, da das Auto kein Allrad hatte und somit nicht mehr weiter fahren konnte, dazwischen gab es Schotterstrecken, Dustroads und Fußwege. Der traditionelle Teil der Hochzeit fand also mitten in der Landschaft beim Haus der Braut statt. Die Zeremonie begann mit einer Tanzgruppe, danach begrüßte der Chef der Zeremonie, er diente auch als Kommentator, alle Gäste. Danach folgten unter viel Gerede der beiden Väter die Geschenkübergaben durch den Vater des Bräutigams und das Teilen von verschiedenen Getränken. Dann wurde die Familie der Braut durch den Bräutigam und seine Gefolgsleute, also auch durch Felix und mich, begrüßt. Dabei fühlte ich mich ein wenig unwohl, da generell sehr wenig erklärt wurde, was wir machen sollte und die Begrüßung auf traditionelle Art und Weise vollzogen wurde. Dann durften wir in das, bis jetzt noch leere, Zelt gehen und uns dort hinsetzen. Der Bräutigam mit seinen direkten Begleiter auf einem Sofa, der Rest verteilte sich gleichmäßig auf Stühlen. Nun kam die Braut mit ihren Begleiterinnen und der Tanzgruppe vorweg. Braut und Bräutigam durften sich begrüßen. Danach überbrachten sich die Familien gegenseitig Geschenke, darunter jeweils ein Stock, ein Hut und ein Haarreif. Dabei hat jeder Fotos gemacht, egal welche Rolle er/sie hat. Nachdem das Brautpaar und die jeweiligen Begleitgruppen unter dem VIP-Zelt Platz genommen haben, gaben sich die beiden gegenseitig etwas zu trinken und zu essen. Erst danach durfte die Gesellschaft etwas trinken oder essen. Nachdem alle fertig waren mit dem Essen, wurde es auf einmal ein wenig chaotisch, denn es wurde der Ort gewechselt, zur kirchlichen Hochzeit nach Matimba. In der Zeit haben wir dann auch die traditionelle Kleidung abgelegt.

Wir als Teil der Begleitergruppe. 3. von rechts ist der Bräutigam.

Die Messe war jedoch nicht ganz so besonders, da es durch die gesamte Zeitverzögerung schon viel später war, als gedacht, waren nur sehr wenige  in der Messe. Sie verging dann relativ schnell, da aufgrund des auch fehlenden Chors auch nicht allzu viel gesungen wurde. Zusammengefasst war sie aber trotzdem sehr schön. Nach der Messe ging es wieder zum Startpunkt des Tages, ins Haus des Bräutigams, wo auch der Rest der Gesellschaft gewartet hat. Hier folgten dann wieder viele Reden, Trinken und Essen, nach dem gleichen Prinzip, wie schon bei der traditionellen Feier. Zu den ganzen Reden muss man dazusagen, dass die größtenteils von den Vätern kamen und das Ehepaar selbst nie geredet hat, es wurden von ihnen leider auch keine Emotionen gezeigt, wodurch sie auf manchen Fotos nicht ganz so glücklich scheinen.

Links am Rand ist das Besucher Zelt für die, die nicht mehr in die anderen Zelte gepasst haben oder keinem genauen Zelt  zugeordnet werden konnte, wie z B. der Chor. Hinten im Bild ist das Zelt der Braut, dort sitzt also ihre Familie und ihre Freunde. Auf der rechten Seite ist das VIP-Zelt mit den Begleitern und dem Ehepaar, ganz außen am rechten Rand.

Andere Tage, die aus dem oben genannten Rhythmus rausfallen, waren die Anfang September. Der Abschied von Felix stand an, wodurch wir nach einer schönen Abschiedsfeier hier in unserem Haus nach Kigali gefahren sind und dort seine letzten Tage in Ruanda verbracht haben. Am Tag seiner Abreise ging es für mich dann auch schon wieder zurück nach Nyarurema, zusammen mit meinem Mentor. Auf der Strecke wohnt auch seine Familie, die wir somit noch kurz besucht haben. Danach hat sich mein jetziger Alltag eingespielt.

Zu meinem jetzigen Alltag:

Unter der Woche verbringe ich die meiste Zeit in der Schule, also von Unterrichtsbeginn um 8 Uhr bis Ende um halb 5. Um 1 Uhr gibt es eine Mittagspause, in der ich in der Schule esse und danach für einen kurzen Moment nach Hause gehe. Während des Unterrichts begleite ich momentan meist nur die Lehrer, vor allem den Englischlehrer oder aber manchmal auch die Lehrer, die Programmieren unterrichten, da ich hier am meisten verstehe oder sogar helfen kann. In manchen Stunden bin ich aber auch im Computerraum, um dort zu helfen oder um ein paar Geräte dort, soweit es möglich ist, zu reparieren. Nach dem Unterricht gehe ich manchmal zum Sport, jedoch fällt das in letzter Zeit häufiger ins Wasser, das es in der Zeit oder kurz davor regnet. Mittwochs und freitags bin ich dann noch Teil des sogenannten Debating Clubs. Genaueres darüber werde ich nächstes Mal berichten, da es jetzt erst wieder anläuft, aufgrund von Problemen zur Kontrolle der Anwesenheit. Ansonsten gehe ich manchmal donnerstags in der Mittagspause oder samstags auf den Markt, um mich wieder mit ein paar Lebensmitteln einzudecken. Auch gehe ich manchmal sonntags bereits um halb 8 in die Kirche. Die Kirche wird hier sehr hoch angesehen und man trifft nahezu jeden in einer der Messen sonntags.

Was bringt mir die Zukunft:

Das Schuljahr geht dem Ende zu. Es stehen die praktischen und theoretischen Abschlusstest für den ältesten Jahrgang an, die anderen werden „nur“ normale Arbeiten schreiben. Mein Wochenplan sieht weiterhin vor, möglichst oft zur Schule zu gehen, bis diese endgültig endet und dann werde ich sehen, ob ich vielleicht woanders übergangsweise helfen kann. Zudem wird auch die kleine Regenzeit bald vorüber sein. Ich werde mich somit also wieder auf viele Tage mit ca. 28° C und starker Sonneneinstrahlung einstellen müssen.

Der Blick von meiner Terasse währends eines Regenschauers

Falls ihr Fragen habt oder besondere Themen, die euch interessieren, könnt ihr euch gerne bei mir melden und ich werde darauf eingehen.

Viele liebe Grüße aus dem schönen Ruanda

Euer Julius