Uganda: 2.Rundbrief von Katarina Alsbach

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde, Verwandte und Interessierte,

nun sind seit meinem letzten Rundbrief schon wieder ganze drei Monate vergangen, und wenn ich zurückblicke, frage ich mich, wie so oft, wo die Zeit schon wieder hin ist. Die letzten Monate waren wieder sehr abwechslungsreich und bereichernd. So habe ich unter anderem Weihnachten gefeiert, für einen Monat in einem neuen Projekt gearbeitet und durfte aufgrund des Zwischenseminares nach Ruanda reisen.

Nun aber der Reihe nach!

Unterwegs durch Uganda 

Das typische Fortbewegungsmittel: Matatus am Taxipark in Kampala

Nachdem Anfang Dezember die zweimonatigen (!) Schulferien eingeläutet wurden, nutzte ich die freie Zeit einerseits, um Uganda ein wenig zu erkunden. Die ersten 3 ½ Monate, hatte ich, mit Ausnahme von ein paar Tagen in Kampala, ja überwiegend in Ococia verbracht. Etwas, das mir beim Reisen besonders aufgefallen ist, ist die Vielfalt Ugandas. Angefangen bei der Sprache, von der es hier nicht nur eine, sondern um die 30 gibt, über die Landschaft bis hin zum Essen, ist Uganda sehr abwechslungsreich und es gibt einiges zu entdecken. Was mir neben der wunderschönen Landschaft & Natur, sowie dem vielen leckeren Essen während des Reisens erneut vor Augen geführt wurde, ist die Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen hier. Man kann sich theoretisch ohne große vorherige Planung, ohne Sorgen auf Reisen begeben. Denn man findet immer Menschen, die einem dem Weg erklären, dir sagen in welches Taxi du einsteigen musst, oder dich zur nächsten Busstation begleiten. Auch wenn mir dies in manchen Situationen etwas zu aufdringlich ist, ist es ja meistens nett gemeint und hat mir oft geholfen, problemlos von A nach B zu kommen.

Die Sipi Falls bei Mbale

Mir ist zudem erneut bewusst geworden, welch ein riesiges Privileg das Reisen darstellt. Bei uns wird es oft schon als „normal“ angesehen, dass man zum Beispiel im Sommerurlaub mit der Familie in ein anderes Land verreist, oder mal eben einen spontanen Wochenendtrip macht. Dies ist hier für viele Menschen schlichtweg unvorstellbar. Die meisten der Ugander, die ich bis jetzt kennengelernt habe, waren in ihrem ganzen Leben noch nie außerhalb Ugandas, vielleicht sogar außerhalb ihres Geburtsortes. So hat oft ein innerer Gewissenskonflikt in mir stattgefunden, bei dem ich unsicher war, ob es jetzt richtig ist, dass ich mir das Privileg herausnehme und das Land bereise. Aber ich denke, das Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass es eben nicht selbstverständlich ist zu reisen und dies so viel mehr wertzuschätzen, ist schon mal ein guter Anfang.

Weihnachten in Ococia

Pünktlich zu Weihnachten traf ich dann wieder in Ococia ein, um dort die Feiertage zu verbringen. Nach Ococia zurückzukehren ist immer wieder ein schönes Gefühl und mittlerweile fühlt es sich auch wie „nach Hause kommen“ an. Ich freue mich immer sehr darüber, die nun bekannten Gesichter wiederzusehen, und mit einem großen Lächeln auf dem Gesicht und offenen Armen begrüßt zu werden.

Die Feiertage haben sich wie folgt gestaltet: Weihnachten wird hier nicht, wie bei uns, am 24., sondern am 25. Dezember gefeiert. So ging es am 24. trotzdem abends gemeinsam in die Messe und bei Kerzenschein und einem Weihnachtslied kam dann doch eine besondere und schöne Stimmung auf. Anschließend haben wir gemeinsam mit allen Sisters zu Abend gegessen und danach stand sogar für mich noch eine kleine Bescherung an, da meine Familie sich die Mühe gemacht hat, mir ein paar Geschenke zukommen zu lassen. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle! Das „tatsächliche“ Weihnachten wurde dann am 25. Dezember gefeiert und begann (natürlich) mit einer langen Messe am Morgen. Es war schön, nach den paar Wochen, in denen ich nicht in Ococia war, wieder im Chor zu singen und das Gemeinschaftsgefühl zu spüren, welches für mich bei jedem Gottesdienst hier aufkommt. Danach begannen dann auch schon die Vorbereitungen für das große abendliche Festessen. Den ganzen Tag über wurde dekoriert, gekocht und sich schon einmal mit dem ein oder anderen Getränk auf den Abend eingestimmt.

Gemeinsames Kochen für das Weihnachtsessen
Weihnachten unter Palmen, anstatt am Tannenbaum

So gab es zu meiner Überraschung sogar einen kleinen Weihnachtsbaum und eine Krippe in der Kapelle des Konvents, über deren Anblick ich mich sehr gefreut habe. Ich habe es auch genossen, tagsüber mit den Jungs und Mädchen, welche ebenfalls im Konvent leben und uns im Haushalt helfen, zusammenzusitzen und gemeinsam zu kochen, zu reden, zu lachen und Ajon zu trinken (ein lokales Bier, das man mit einem Strohhalm aus einem Tonkrug trinkt). Genauso schön war auch das gemeinsame Abendessen mit den Sisters. Über die Feiertage sind alle 6 Sisters in den Konvent zurückgekehrt und es war sehr schön, nach so langer Zeit wieder vollzählig zu sein. Und auch hier wurde wieder viel gemeinsam gegessen, getrunken und gelacht, interessante und lustige Gespräche geführt und einfach das beisammen sein genossen. 

So sah also mein Weihnachten 2018 aus. Lange vorher habe ich mir schon Gedanken gemacht, wie es wohl sein wird und ich wurde durchweg positiv überrascht.  Natürlich war es anders als Zuhause, und ich habe auch gemerkt, dass man es nicht vergleichen kann. Das „Gefühl“, welches ich mit Weihnachten in der Heimat verbinde, kam hier nicht so wie gewohnt auf. Das ist aber auch nicht schlimm. Und auch wenn mir das gewohnte Weihnachten von Zuhause gefehlt hat und es auch Momente gab, in denen ich traurig war, gerade nicht daran teilhaben zu können, waren die Feiertage in Ococia einzigartig und bereichernd.  In verschiedenen Situationen, wie dem gemeinsamem feiern, Gottesdienst halten, oder zwischen Gesprächen und lautem Lachen habe ich mich umgeguckt, mich wohl gefühlt und ein Gefühl der Dankbarkeit verspürt. All diese Menschen, mit denen ich dieses Jahr Weihnachten verbracht habe, waren vor etwas mehr als 4 Monaten noch Fremde für mich, und haben sich in so kurzer Zeit in meinen Alltag und mein Herz eingeschlichen. Die Warmherzigkeit und Offenheit, mit der ich von den Menschen aus Ococia, aber vor allem den Sisters und den anderen Bewohnern des Konvents aufgenommen wurde, wurde mir in diesen Tagen nochmal besonders vor Augen geführt.  All diese Menschen haben es geschafft, meine anfänglichen Befürchtungen vor einem traurigen Weihnachtsfest voller Heimweh in Luft aufzulösen, indem sie mir täglich ein Gefühl von Geborgenheit, Zugehörigkeit und Gemeinschaft geben, wofür ich unfassbar dankbar bin. 

Die Arbeit im neuen Projekt 

Wie bereits zu Beginn erwähnt, dauern die Weihnachtsferien hier ja ganze zwei Monate an, und da ich nicht so lange ohne Arbeit sein wollte, habe ich mich dazu entschlossen, den Januar in einem anderen Projekt zu verbringen. Nach den Feiertagen begab ich mich also nach Soroti, um hier für einen Monat in einem Projekt namens „Amecet“ (was auf Ateso, der lokalen Sprache hier, so viel wie Zuflucht bedeutet) zu arbeiten. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes „Krisenheim“, in welchem vor allem Babys und Kleinkinder, deren Familien aus verschiedenen Gründen nicht angemessen für sie sorgen können, für einen bestimmten Zeitraum leben können. Die Kinder kommen aus verschiedensten Gründen hierher. So ist in vielen Fällen die Mutter während der Geburt gestorben, und nun fühlt sich niemand verantwortlich für das Kind. Bis jetzt sind mir aber auch schon manche Fälle begegnet die mich sehr schockiert haben, wie zum Beispiel ein Baby, welches bei uns ist, da die eigene Mutter versucht hat es zu strangulieren, ein Kind das von seiner Mutter in einer Bar „vergessen“ wurde, oder ein kleiner Junge, dessen Mutter versucht hat ihn zu ertränken. Natürlich kenne ich all die genauen Hintergründe jedes Babys und auch die Beweggründe der Mütter nicht, trotzdem sind es oft Schicksale die mich sehr traurig machen, und Handlungen die sich für mich nicht nachvollziehen lassen.

Zeit zum Füttern! Milch für die Babys und Krabbelkinder

Nichtsdestotrotz macht die Arbeit mir hier großen Spaß und ich fühle mich sehr wohl. Mein Arbeitsalltag besteht vor allem daraus, die Babys in regelmäßigen Abständen mit der Flasche zu füttern, zu wickeln und sie zu waschen. Zudem spiele ich tagsüber viel mit den Krabbelkindern und helfe bei alltäglichen Haushaltsaufgaben, wie dem Kochen oder Aufräumen. Eine neue Erfahrung für mich war es außerdem, zum ersten Mal eine Nachtschicht zu machen, was bei ca. 10-15 hungrigen und quengelnden Babys ganz schön anstrengend sein kann.

Etwas das ich während meiner Zeit hier besonders genieße, ist es, so viele junge Menschen in meinem Alter um mich zu haben. Wie in meinem ersten Rundbrief beschrieben, leben in Ococia vor allem die Mitarbeiter der verschiedenen Institutionen, die Priester und eben die Sisters, bei welchen ich wohne. So wohl ich mich dort auch fühle und die Gesellschaft der Sisters genieße, vermisse ich es manchmal trotzdem, mehr junge Menschen um mich zu haben, mit denen ich etwas unternehmen, oder mich einfach nur gut unterhalten kann. Deshalb ist es für mich momentan besonders schön all die jungen „Aunties“ (so werden die Mitarbeiterinnen hier genannt) um mich zu haben, mit ihnen zusammenzuarbeiten, zu essen und den Alltag zu verbringen. Des Weiteren genieße ich nach nun 4 Monaten in Ococia, mal die Abwechslung zum Dorfleben und die Privilegien, die sich daraus ergeben, in einer Stadt zu leben. So ist es für mich jetzt schon ein großer Luxus in der Einrichtung WLAN und einen Kühlschrank zu haben, und ich schätze es sehr, nach der Arbeit zum Einkaufen auf den Markt oder sogar in den Supermarkt gehen zu können, oder mich ab und zu in ein Café zu setzen. Obwohl Soroti nur ca. 50 km von Ococia entfernt ist, merke ich bereits, wie sich das Leben und teilweise auch die Mentalität der Menschen hier vom Leben in Ococia unterscheiden, was sehr interessant zu erfahren ist.

Das Zwischenseminar in Ruanda 

Zu Besuch in einer Teefabrik während des Zwischenseminars

Nach 5 sehr schönen Wochen bei Amecet ging es für mich Anfang Februar, passend zum Schulbeginn, wieder zurück nach Ococia. Hier blieb ich jedoch nur für wenige Tage, denn im Februar stand auch schon das Zwischenseminar in Kibeho, Ruanda an. Voller Vorfreude darauf, andere Freiwillige kennenzulernen und mit ihnen in den Austausch zu kommen, machte ich mich dann auf nach Ruanda und kam nach insgesamt ca. 22h Fahrt endlich in Kibeho an. Dort verbrachten wir mit insgesamt 9 Freiwilligen und 2 Teamern 5 sehr schöne Tage in denen intensiv diskutiert wurde, Themen wie der Abschied vom Gastland, die Rückkehr nach Deutschland, oder unsere Rolle als Freiwillige besprochen wurden und vor allem viel gemeinsam gelacht wurde. Es hat gut getan mal mit etwas Abstand das vergangene halbe Jahr zu reflektieren und dabei darüber nachzudenken, womit man schon zufrieden ist, oder was man in der zweiten Hälfte noch verändern möchte. Ebenso schön war es aber auch, für ein paar Tage mal Deutsch zu sprechen und gemeinsam zu lachen, mit anderen Freiwilligen in den Austausch zu kommen und dabei zu merken, dass man ähnliche Sorgen oder Probleme hat, aber auch zu sehen wie individuell und unterschiedlich so ein Jahr doch aussehen kann.  

Gemeinsames Mittagessen mit Janine & Leonhard  bei Felix in Nyarurema

Nachdem das Seminar dann viel zu schnell vorbeigegangen ist, sind drei weitere SoFiA-Freiwillige (Janine, Leonhard & Felix) und ich dann noch für 2 Tage zu Felix nach Nyarurema gefahren, das an der Grenze zu Uganda liegt. Die gemeinsame Zeit war sehr schön, wir haben viele lustige Runden Uno gespielt, waren auf dem Markt einkaufen, haben gemeinsam gekocht und Felix hat uns sein Projekt gezeigt.

Unterwegs durch das grüne Ruanda

Obwohl Ruanda mit dem Bus innerhalb von ein paar Stunden zu erreichen ist, sind mir beim Passieren der Grenze sofort viele Unterschiede aufgefallen, vor allem optisch. Bereits an der Grenze finden strenge Gepäckkontrollen statt, da in Ruanda ein Verbot für Plastiktüten herrscht, was sich auch im Landschaftsbild bemerkbar macht. Im Vergleich zu Uganda ist Ruanda viel ordentlicher und sauberer, es liegt kaum Müll herum und zumindest in der Stadt stehen überall am Straßenrand Mülleimer, etwas das man in Uganda kaum sieht. Da wir zur Regenzeit da waren, war das ganze Land sehr grün, überall sieht man Felder, und selbst diese sahen im Vergleich zu Uganda viel ordentlicher und gepflegter aus. Ruanda trägt nicht ohne Grund die Namen „Das Land der 1000 Hügel“ oder „Die Schweiz Afrikas“. Egal wo man hinsieht, überall sind Hügel zu erblicken, was die Busfahrten durch ein ständiges hoch und runter sehr spannend gemacht hat. Auch der Verkehr ist kein Vergleich zum chaotischen Kampala, in Kigali (der Hauptstadt Ruandas) erschien mir der Verkehr um einiges ruhiger und geregelter, so darf auf einem Moto (Motorradtaxi) zum Beispiel nur ein Passagier mitfahren und es herrscht Helmpflicht. (Natürlich kann ich mit diesen Eindrücken nicht für ganz Ruanda sprechen, da ich während der 1 ½ Wochen auch nur ein paar Teile des Landes kennenlernen durfte)

Meiner Empfindung nach wird ein afrikanisches Land schnell einfach als „Afrika“ abgestempelt und so höre ich oft „Wie ist es denn so in Afrika“, wobei das einzelne Land schnell außer Acht gelassen wird. Aber allein am Vergleich Uganda und Ruanda sieht man schon, Afrika ist nicht gleich Afrika, innerhalb eines jeden Landes und erst recht des gesamten Kontinentes gibt es eine große Diversität.

So sahen also meine letzten 3 Monate aus und ich kann gar nicht richtig fassen, dass nun bereits die erste Hälfte meines Freiwilligendienstes hinter mir liegt. Je länger ich hier bin, desto mehr scheint die Zeit zu rennen. Aber nun freue ich mich wieder sehr auf das, was vor mir liegt! In den kommenden Monaten steht Besuch von meiner Familie an, in der Schule werden eventuell ein paar Veränderungen geschehen und sowieso gibt es hier immer etwas Neues zu erleben und entdecken, mit dem man vorher nicht gerechnet hätte.

Bis dahin wünsche ich euch alles Gute und hoffe, es geht euch in Deutschland auch gut!

Vielen Dank fürs Lesen!

Eure Katarina